nd-aktuell.de / 17.06.2016 / Berlin / Seite 11

Erster Modularbau für Geflüchtete

Durch Neubauten soll Räumung von Turnhallen und Hangars möglich werden

Christina Palitzsch
In Marzahn-Hellersdorf wurde am Donnerstag die erste Baustelle von zehn modularen Unterkünften für Flüchtlinge vorgestellt. In verschiedenen Bezirken sollen neun weitere folgen.

An der Märkischen Allee sind die Arbeiten in vollem Gange. Vierzig Bauarbeiter arbeiten hier sechs Tage pro Woche. Einige sitzen auf dem Rohbau der ersten Etage und spachteln die Außenfassade. Zur selben Zeit spricht unten Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel (SPD). Über ihm schwebt ein Fertigbauteil, ein graues Stück Stahlbeton mit zwei schmalen, bodenhohen Öffnungen. Mit einem Kran wird es zu den Bauarbeitern transportiert, die es in Trockenbauweise mit dem Erdgeschoss und den angrenzenden Wänden verbinden.

So sieht die Zukunft für Geflüchtete in Berlin aus: Durch die Errichtung der Modularbauten als Unterkünfte für Flüchtlinge (MUF) soll die Zeit der eng belegten Hangars, Turnhallen und Notunterkünfte beendet werden. In der Martha-Arendsee-Straße in Marzahn-Hellersdorf entsteht auf 10 000 Quadratmetern eine solche neue Gemeinschaftsunterkunft für 450 Menschen. Sie setzt sich aus einem vorgestelltem Flachbau mit Pförtner, Waschhaus und Arztzimmer, einem fünfstöckigen Wohnhaus mit unterschiedlichen Wohnmodulen und einem Garten, Spiel- und Sportbereich in den Außenanlagen zusammen.

Während die Planungen freundlich wirken, fällt auf, dass die Fensteröffnungen bei weitem nicht ausreichen, den Innenraum mit Licht zu versorgen. Zudem ist der gesamte Bereich umzäunt und die Bewohner Pförtner und Security ausgesetzt.

Die Planung der Gemeinschaftsunterkünfte »MUF« begann bereits vor über einem Jahr. Die modulare Bauweise vereinfachte die schnelle Erweiterung, da im vergangenen Jahr 85 000 Geflüchtete in Berlin ankamen. Innerhalb von 48 Wochen wird der Standort Martha-Arendsee-Straße 17 fertiggestellt, Anfang 2017 soll er bezogen werden. Geplant ist er mit Baukosten in Höhe von 17,6 Millionen Euro. Später, sobald das Landesamt für Gesundheit und Soziales (LAGeSo) keinen Bedarf mehr hat, können die inneren Bauteile flexibel umgebaut werden, um für Andere als Wohnungen zu dienen.

Aus Fehlern der Vergangenheit scheint man in Marzahn-Hellersdorf unterdessen wenig gelernt zu haben: Die erste Bürgerversammlung zur neuen Unterkunft fand vor gerade mal drei Wochen statt. Thomas Pfeiffer vom Stadtteilzentrum berichtet zwar von einem »konstruktiven Treffen«. Es soll auch ein Zweites und, wie Bezirksbürgermeister Stefan Komoß (SPD) sagt, vielleicht sogar drittes Treffen geben, sobald die künftigen Betreiber der Unterkünfte feststehen. »Dennoch kann man nicht jeden Einwand bearbeiten, sondern muss so schnell wie möglich bauen«, sagt Stadtentwicklungssenator Geisel. Und: »Meist klappt es schließlich nach dem Einzug mit den Anwohnern ganz gut.«

Trotz der positiven Entwicklung und dem Willen, Menschen wie an dieser Stelle in bessere Unterkünfte zu vermitteln, bleiben Fragen offen. Warum wird nur so zögerlich gebaut? Warum entstehen sieben der Unterkünfte für Flüchtlinge ausgerechnet am nordöstlichen Stadtrand? Es sollen doch Situationen wie in französischen Banlieues vermieden werden. Und warum behindert man die Integration durch die Ortswahl und durch die ausschließliche Belegung mit Geflüchteten?