Beim »Antiterror« tritt Koalition aufs Gas

Kritik an massenhafter Datenspeicherung / Entwurf wird kurz vor Verabschiedung noch verschärft

  • Aert van Riel
  • Lesedauer: 2 Min.
Die schwarz-roten Vorhaben zur Terrorbekämpfung stehen am Freitag im Bundestag zur Abstimmung. Verfassungsrechtliche Bedenken werden von der Bundesregierung ignoriert.

Skeptische Stimmen zum Gesetzespaket gegen den Terrorismus sind inzwischen nicht nur von der Opposition, sondern auch in den Reihen der Koalition zu hören. Der SPD-Abgeordnete Christian Flisek sieht den geplanten Datenaustausch mit anderen Ländern kritisch. Fraglich sei es, wie man sicherstellen wolle, »dass in anderen Ländern rechtsstaatliche Prinzipien gewährleistet« seien, sagte Flisek im Deutschlandfunk. Letztlich laufe es darauf hinaus, »dass man sich auf Zusicherungen anderer Regierungen verlasse«, so der Sozialdemokrat. Praktische Konsequenzen aus seinen Bedenken wird Flisek aber nicht ziehen. Er versicherte, dem Gesetzesentwurf zustimmen zu wollen.

Fraglich ist, wo die Grenzen für eine Beteiligung anderer Staaten bei der Geheimdienstkooperation gezogen werden. Heiner Busch, Vorstandsmitglied der Bürgerrechtsorganisation Komitee für Grundrechte und Demokratie, kritisierte, dass der Entwurf vage formuliert sei. So erfahre man nicht, ob nur die EU-Länder, Norwegen und die Schweiz dabei seien oder gegebenenfalls noch andere Dienste der NATO-Staaten oder von wem auch immer.

Auf »erhebliche verfassungsrechtliche Risiken« verwies Bundesdatenschutzbeauftragte Andrea Voßhoff. In einer Stellungnahme an den Innenausschuss schrieb die CDU-Politikerin, dass die Vorgaben des Verfassungsgerichts für einen effizienten Datenschutz nicht wirksam umgesetzt seien. Der Entwurf sorge nicht für ausreichende Transparenz und verstoße schon deshalb gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und das Grundrecht der Betroffenen auf informationelle Selbstbestimmung.

Der Entwurf sieht etwa vor, dass künftig Prepaid-Karten für Mobiltelefone nur noch an Personen verkauft werden dürfen, deren Identität durch die Vorlage eines Personalausweises geprüft wurde. Dabei soll auch die Ausweisnummer erfasst und gespeichert werden. Eine solche Speicherung erwecke »erhebliche datenschutzrechtliche Bedenken«, so Voßhoff. Sie warnte, dass es zu einer »massenhaften Speicherung von sensiblen Daten« kommen werde, ohne dass geklärt sei, ob diese überhaupt benötigt werden.

Die Koalition will Teile des Gesetzes noch verschärfen. Ein Eilantrag soll zusammen mit dem Entwurf am Freitag verabschiedet werden. Die Ergänzung sieht vor, dass die Daten jugendlicher Gefährder schon ab 14 statt 16 Jahren gespeichert werden könnten. Zudem soll die Ausweispflicht beim Erwerb von Prepaid-Handy-Karten schneller realisiert werden. Bei solchen SIM-Karten soll generell die Ausweisnummer des Käufers gespeichert werden.

Das Gesetzespaket war bislang im Eiltempo durch das Parlament gepeitscht worden. Die Bundesregierung wollte offenbar eine öffentliche Debatte über das heikle Thema verhindern. Mit Agenturen

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