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Bankenrettung auf Italienisch

Premier Renzi setzt auf Garantiefonds - trotz anderslautender EU-Vorgaben

  • Hermannus Pfeiffer
  • Lesedauer: 3 Min.
Italien will stattliche Summen für die Bankenrettung bereitstellen. Das stößt in Deutschland auf Kritik. Auch die EZB sieht in erster Linie die Banken in der Pflicht.

Nicht nur im Fußball treffen Deutschland und Italien häufig aufeinander. Angela Merkel streitet sich gerade mal wieder öffentlich mit Italiens Ministerpräsident Matteo Renzi. Dieses Mal geht es um die Sanierung von Banken. Die Bundeskanzlerin sagte nach dem Brüsseler Brexit-Treffen der Regierungschefs in Richtung Rom, man könne nicht alle zwei Jahre die Regeln ändern. Stabilitätspakt und Bankenunion böten genügend Spielraum. Unterstützt wird die Kanzlerin in dieser Frage vom Finanzexperten und Grünen-Europaparlamentarier Sven Giegold: »Es ist dreist, die Wirren des Brexit zu missbrauchen, um neue Staatshilfen für Banken durchzudrücken.«

Der jüngste Nord-Süd-Konflikt kreist um die Frage, ob und wie der italienische Staat angeschlagenen Banken helfen darf. Die Regeln der Bankenunion verbieten seit vergangenem Jahr eigentlich eine Staatsrettung. Zur Sanierung angeschlagener Banken sollen zunächst deren Eigentümer, Gläubiger und die Kontoinhaber mit Einlagen von mehr als 100 000 Euro beitragen. Wenn diese Mittel nicht ausreichen, soll der EU-Notfallfonds einspringen, in den die Banken einzahlen. Der wird sich allerdings erst in den kommenden Jahren füllen. Was also tun, wenn vorhandene Instrumente nicht ausreichen?

Insofern kontert Renzi die Vorstöße aus Deutschland mit dem Argument, Italien halte sich an die Regeln, müsse sich aber an die Gegebenheiten anpassen. Er erinnerte an das Jahr 2003, als die Maastrichter Defizitregeln geändert wurden, um, wie der Premier sagt, »Frankreich und vor allem Deutschland zu erlauben, die Obergrenze von drei Prozent zu überschreiten«. Die deutsche Regierung wird in Italien für viele europäische Übel verantwortlich gemacht, seien es Austeritätspolitik oder Handelsbilanzungleichgewichte.

Die EU wäre nicht die EU, wenn sich nicht doch ein Weg fände, der sowohl Renzi als auch Merkel zumindest offiziell zufrieden stellte. Die Lösung: Es gibt zwar weiterhin keine Ausnahmen für die direkte Staatsfinanzierung maroder Banken - aber Renzis Regierung darf einen Garantiefonds mit dem stattlichen Volumen von 150 Milliarden Euro einrichten. Die EU-Kommission teilte zudem sogleich mit, dass die Banken den Schutzschirm wohl gar nicht aufspannen müssten.

Italiens Banken leiden vor allem unter »faulen« Krediten. Die notleidenden und wackeligen Darlehen sollen sich auf über 360 Milliarden Euro summieren und 20 Prozent der gesamten Ausleihungen ausmachen - mehr als doppelt so viel wie im EU-Durchschnitt. Grund ist die schwache Konjunktur, aber auch die enge Verknüpfung regionaler Banken mit kleinen und mittelständischen Firmen. Neun von 25 Banken, die beim letzten Stresstest der Europäischen Zen-tralbank (EZB) durchfielen, kommen vom Apennin. Als besonders gefährdet gilt neben einigen Regionalinstituten auch die große Monte dei Paschi di Siena, die älteste noch existierende Bank der Welt. Ihre faulen Kredite sollen sich auf über 40 Prozent summieren, was ihr am Montag einen Brandbrief der EZB-Bankenaufseher einbrachte. Bis zum 3. Oktober solle das Institut einen neuen Geschäftsplan vorlegen, in dem der Anteil der faulen Kredite bis 2018 etwa halbiert werden solle.

Die Kritik der Eurobanker weist im Grunde über diesen Fall hinaus. Banken vor allem in Italien, Frankreich und Spanien haben ihre Kapitalbasis durch Ausschüttung erheblicher Dividenden während der Krisenjahre geschwächt. Laut der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) haben die Ausschüttungen seit 2007 das Niveau der einbehaltenen Gewinne überschritten. Anders in Deutschland: Die großen Banken schütteten 27 Milliarden Euro Gewinn an ihre Aktionäre aus, 86 Milliarden blieben im Unternehmen als Eigenkapital.

Auch das Problem der faulen Kredite sei ungelöst, kritisiert die BIZ in ihrem Jahresbericht. Die Niedrigzinsen verschleierten noch das Ausmaß der Gefahren. Deshalb rufen die Experten die Politik zur Unterstützung für die Geldinstitute auf. Die Vorteile solcher Hilfen für die gesamte Volkswirtschaft dürften wettbewerbsrechtliche Bedenken überwiegen, heißt es im Bericht. Sozialdemokrat Renzi dürfte seine Freude daran haben.

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