Mit den Stimmen der rot-roten Koalition hat der Landtag am Mittwoch den Rahmen für die geplante Verwaltungsstrukturreform beschlossen. Enthalten haben sich Renè Wilke (LINKE), Kerstin Kircheis (SPD) und die Grünen.
Festgelegt ist nunmehr, was die Kreisverwaltungen künftig leisten sollen. 22 Aufgaben werden vom Land auf die Kommunen übertragen. Die Zahl der Kreisverwaltungen soll reduziert werden - von 18 auf zehn steht im Koalitionsvertrag. Es könnten aber auch elf werden.
Innenminister Karl-Heinz Schröter (SPD) äußerte Verständnis für Reformmüdigkeit. Jetzt sei aber »Tapferkeit« für eine Reform vonnöten, zu der das Land im Lichte absehbarer Entwicklungen gezwungen sei.
In der Parlamentsdebatte vor der namentlichen Abstimmung stellten beide Lager noch einmal ihre prinzipiell unversöhnlichen Positionen gegeneinander. Es wäre »eindeutlich ein Fehler«, von der Reform abzusehen, obwohl »es genügend Ausreden gegeben hätten«, sagte SPD-Fraktionschef Mike Bischoff. Wenn aber im Jahr 2030 die Hälfte der Brandenburger auf zehn Prozent der Landesfläche rund um Berlin herum leben und Städte wie Oranienburg und Falkensee größer sein werden als Frankfurt (Oder) heute, dann wäre es verantwortungslos, sich darauf nicht einzustellen.
CDU-Fraktionschef Ingo Senftleben verwies auf die geschlossene Front der Ablehnung unter den Landräten, gleich welcher Partei sie angehören. Linksfraktionschef Ralf Christoffers entgegnete: »Das Wiederholen schlechter Argumente macht sie nicht besser.« Die Situation in Brandenburg werde 2030 eine andere sein als 2016, wer davor die Augen verschließe, werde seiner politischen Verantwortung nicht gerecht. »Niemand weiß, wie die Bund-Länder-Finanzierung nach 2019 tatsächlich aussieht.« Vor diesem Hintergrund müsse das jetzt bestehende »Zeitfenster« genutzt werden.
Den ungebremsten Bevölkerungsrückgang, der keineswegs durch Flüchtlingsströme oder Binnenwanderung ausgeglichen werden könne, beschrieb Ursula Nonnenmacher (Grüne). »Wer jetzt so tut, als wäre dem Reformbedarf im Land quasi jegliche Grundlage entzogen, der handelt grob fahrlässig.« Zur ständigen Drohung der Reformgegner, das Verfassungsgericht anzurufen, sagte sie: »Lassen wir das Landesverfassungsgericht urteilen und hören wir auf, darüber zu spekulieren.« Auf den von der CDU wiederholten Hinweis, 70 Prozent der Brandenburger seien gegen die Kreisreform, entgegnete sie: »Es ist aber sicher auch keine Lösung, aus Angst vor der Abstrafung durch den Wähler dem Kollaps von Sozialsystemen einfach tatenlos zuzusehen.«
Dass man nicht immer sagt was man denkt, habe er in der Politik gelernt, sagte Pèter Vida (Freie Wähler). Das man aber nicht tue, was man sagt, dafür habe er kein Verständnis. Er spielte damit auf einzelne Abgeordnete in den Regierungsfraktionen an, die auf kommunaler Ebene gegen die Reform aufgetreten waren, ihr aber im Landtag die Stimme geben. Dabei nannte Vida »Herrn Ralf H. aus B.«, womit der den SPD-Abgeordneten Ralf Holzschuher meinte.
Der so Gescholtene verweis auf die vorgesehene Entlastung der kreisfreien Städte. Ohne Reform wären die kreisfreien Städte in einer Sackgasse, aus der sie sich niemals selbst befreien können. Brandenburg/Havel habe Kassenkredite von 160 Millionen Euro, welche die Stadt nicht allein zu tilgen imstande sei.
Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) warnte den CDU-Politiker Senftleben vor der Annahme, dass »Mädchen, die vor 20 Jahren nicht geboren wurden, jetzt in Ortrand Kinder kriegen«. Die CDU will nun mit mehreren Partnern »eine Volksinitiative starten, mit dem Ziel, einen Volksentscheid über die Reform herbeizuführen«, wie Senftleben nach der Abstimmungsniederlage sagte.
Quelle: https://www.nd-aktuell.de/artikel/1018643.kommunalreform-beschlossen.html