nd-aktuell.de / 16.07.2016 / Kultur / Seite 2

Aussteiger?

PERSONALIE

Jürgen Amendt

Eine Regel des Journalismus besagt, dass nur das Außergewöhnliche, das von der Norm abweichende, eine Schlagzeile wert ist. Das Ereignis »Hund beißt Mann« bedarf nicht der besonderen Erwähnung; »Mann beißt Hund« dagegen schon. Wenn also, um jetzt irgendein beliebiges Beispiel zu nennen, ein 38-jähriger Sanitäter auf den Job des TV-Moderators umsattelt, ist das für das Medium Fernsehen nichts Besonderes. Wenn aber ein Moderator in der Blüte seines Fernsehlebens ankündigt, den Medienjob an den Nagel zu hängen, um künftig »etwas gesellschaftlich Relevantes« zu machen, nämlich eine Ausbildung zum Sanitäter, dann ist das mindestens eine Personalie an dieser Stelle wert.

Die Rede ist von Tobias Schlegl, dessen TV-Biografie sich wie die eines 60-Jährigen liest, was daran liegt, dass der 1977 in Köln Geborene bereits mit 17 Jahren seinen ersten Job beim Fernsehen hatte. Damals setzte er sich bei einem Casting zum VIVA-Moderator gegen 4000 andere Bewerber durch. Die Stationen seines TV-Daseins hier alle zu nennen, würde den zur Verfügung stehenden Platz sprengen. Nur soviel: Es gibt kein Format, das Schlegl noch nicht gemacht hat und kaum einen Sender, bei dem er noch nicht beschäftigt war. Er hat für VIVA Politiker und Schauspieler interviewt, eine eigene Radiosendung auf N-Joy moderiert, hatte Gastauftritte als Schauspieler in TV-Serien, war als Reporter für die ARD auf der Suche nach alternativen Wirtschaftsmodellen unterwegs und für das Satiremagazin »extra 3« des NDR tätig. Den vorläufigen Gipfel der Karriere erklomm er 2014, als er neben Katty Salié Moderator der ZDF-Kultursendung »aspekte« wurde.

Da hätte sicherlich noch mehr kommen können, Schlegl ist ja noch jung. Abzuwarten bleibt, ob Schlegl, der den Ausstieg aus dem TV-Geschäft in einem Interview mit dem »Stern« ankündigte, es wirklich ernst damit meint. Ihn reize am Beruf des Notfallsanitäters, dass er dort »an der Nahtstelle von Leben und Tod« arbeiten könne. Das klingt dann doch wieder sehr nach »Reality TV«.