Hockende, Schreitende, Aufgerichtete

Der Bildhauer Friedrich B. Henkel wird 80

  • Klaus Hammer
  • Lesedauer: 3 Min.

Für den in Bernau und Biesenthal lebenden Bildhauer, Zeichner und Graphiker Friedrich B. Henkel sind Mensch und Landschaft, Natur und Architektur, Konstruktives und Organisches die Konstanten seiner künstlerischen Arbeit. Das in nahezu sechs Jahrzehnten gewachsene Werk zeichnet sich aber gerade durch eine große Vielgestaltigkeit aus. Von der Bronze zu Stein und Holz, von der Figur zum abstrahierten Zeichen sind die großen Linien seiner Entwicklung, die dem Prinzip der Entfaltung und Faltung des ursprünglichen Credos der Verbindung von Mensch und Natur folgt - früh schon geprägt durch seine Herkunft aus der Rhön.

Von der sinnlichen Anschauung inspiriert, führten Reisen immer wieder zu Höhe- und Wendepunkten in seinem Schaffen. Unvergessen seine »Figurationen metamorpher Gestalt«, die er im Anschluss an einen Rumänien-Aufenthalt 1974 schuf. Sie assoziieren Hockende, Schreitende, Aufgerichtete, man kann sie für eine menschliche Gestalt, einen Felsen oder ein vegetatives Gebilde halten. Henkel wollte ihnen Dauer und Beständigkeit verleihen, gereinigt von den Zufälligkeiten des Vergänglichen.

Italien-Reisen erbrachten dann neue Formverwandlungen: Die menschliche Figur als Statue und die Landschaftsdarstellung im Relief werden jetzt auf eigentümliche Weise verschmolzen. Henkel arbeitet mit Überlagerungen und Kontrastierungen im Zusammenprallen von Kulturtradition und Gegenwartstrivialität. Seine Reliefs kombinieren Gegenstände und fügen sie als überraschende Versatzstücke ein. Dabei bediente er sich bewusst Brechungen, um nicht der Vollkommenheit einer Kulturlandschaft zu erliegen. Der Mensch ist nur noch stellvertretend präsent durch anonyme Statuen, Torsi und Köpfe, die in bedrängender Vergessenheit ein Ereignis ankündigen, das nie eintreten wird.

Architektonische Gefüge aus Räumlichkeit und Plastizität stellen dann seine Arbeiten dar, die er seinem Aufenthalt auf den Kykladen mit ihren bäuerlichen Architekturen verdankte: »Katikia I und II« (1996), »Kykladisches Tor« (1996, alle Marmor), »Chora (Zentrum einer kykladischen Stadt) 2« (1999, provencalischer Kalkstein), »Kykladische Zeile« (2001, Marmor), »Kykladische Kapelle« (2009, Speckstein) oder »Haus - Zeichen« (2009, Kalksandstein). Sie sind gebaut nach dem kubistischen Prinzip der Verschachtelung und Verräumlichung oder auch in der Reduktion auf Zeichenhaftes. Ein Wölben, ein Überspannen der plastischen Volumen, ein Wechselspiel von Stützen und Lasten, von Kräften und Gegenkräften, die zur Balance, zum emotionalen Ausgleich gebracht werden.

Verräumlichung und Verblockung - zwischen diesen beiden Polen ist die Skulptur Henkels angesiedelt. Sie gibt keine Repliken von Naturvorgängen und deren Produkten, sie will auch keine in Stein gestalteten Rückerinnerungen an Reiseerlebnisse geben, sondern die Bedeutung eines plastischen Gebildes ist identisch mit ihrem Formgehalt.

Seine Skulpturen sind ein Bekenntnis zum Mal, sie gehören in den Bereich der landschaftlichen Stele, ihre Verwandten findet man bei den Dolmen, den Stonehenge und den frühmittelalterlichen Steinkreuzen. Stabil, beharrlich, sich in das Ambiente einfügend, aber auch widersetzlich, in jedem Fall aber zuversichtlich stehen sie da, als stünde ihnen die Spanne einer Ewigkeit zu. Sie sind von einer Sinnbildlichkeit, die von einer abstrahierten Gegenwärtigkeit getragen wird.

Am heutigen Dienstag wird Friedrich B. Henkel 80.

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