Hamburger Spielmeister

Stefan Klein webt an Netzwerken für junge Games-Produzenten

  • Lesedauer: 4 Min.

«We Love To Play» - wir mögen spielen. So das Motto auf einer Ihrer Infobroschüren. Dazu das Label «gamecity:Hamburg». Was steckt hinter all dem?

Das ist schlicht eine Marke, die Idee und Konzept unserer Initiative auf den Punkt bringt. Sie ist am runden Tisch entstanden, an dem die digitale Wirtschaft und die Stadt saßen. Ziel war es, sich stärker um aufstrebende junge Unternehmen zu kümmern, die Computerspiele entwickeln.

Wie stellt sich das Ergebnis heute dar?

Heute ist «gamecity:Hamburg» eine Plattform, die getragen wird von der Hamburgischen Gesellschaft für Wirtschaftsförderung. Ehrgeizige Start-ups werden mit Global Playern vernetzt. Insgesamt haben wir in gut zehn Jahren mehr als 200 Unternehmen auf die Beine geholfen, die gut 4500 Jobs geschaffen haben. Und die zudem auch immer frische Nachwuchskräfte suchen. Die Zahl der ständig offenen Stellen hat sich bei rund 400 eingependelt.

Welches sind darunter die Leuchttürme?

Von den 25 erfolgreichsten deutschen Games-Produzenten haben allein acht die Hansestadt als Standort gewählt. Darunter die unbestrittene Nummer Eins, nämlich Goodgame Studios mit 1200 Beschäftigten.

Das klingt beeindruckend, ist aber wohl mit Blick auf die Gesamtwirtschaft eher marginal, oder?

Unterschätzen Sie bitte nicht die positive Signalwirkung! Games sind eine Zukunftsindustrie. Immerhin beschäftigen sich 81 Prozent der 14- bis 29-jährigen in ihrer Freizeit mit Computerspielen. Gleichzeitig gehören Profis auf dem Sektor Games zur digitalen Avantgarde. Das Genre ist bevorzugte Herausforderung für kluge und klügste Köpfe. Zudem können Heranwachsende bei Strategiespielen eine Reihe von Kompetenzen entwickeln, die sie vom Durchschnitt abheben. Etwa im Teamplay bei «League of Legends».

Setzt «gamecity:Hamburg» womöglich aber nicht auf eine Branche, deren Produkte auch zweifelhaft bis höchst gefährlich sind - Stichworte: Ballerspiele und Amokläufe?

Nach den jüngsten tragischen Ereignissen werden Erklärungen für letztlich unerklärliches Verhalten gesucht, und Urteile sind dann schnell gesprochen. Es gibt aber bisher - und wir haben uns lange und intensiv mit dem Thema beschäftigt - keinen wissenschaftlichen Nachweis einer Kausalität zwischen dem Hang zu Shooter-Spielen und dem eventuellen Griff zur Waffe im echten Leben. Abgesehen davon unterstützen wir in Hamburg ausschließlich die Spielproduktion, deren Altersfreigabe bis runter zu zwölf Jahren geht. Wir kooperieren im übrigen mit keiner Firma, deren Portfolio Gewalt verherrlichende Games aufweist.

Die beiden wichtigsten Anbieter in Hamburg, also Goodgame Studios sowie Bigpoint, machen ihre Umsätze mit Browser- und Online-Spielen. Da kann man kostenlos einsteigen, wird aber im Weiteren zum Kauf von digitalem Zusatzwerkzeug animiert. Das kann für Jugendliche böse ins Geld gehen.

Kein Zweifel, darin liegt ein gewisses Suchtpotenzial. Aber das ist wie so oft im Leben: Zuviel des Guten kann schädlich sein. Im Freundeskreis werde ich nicht selten darauf angesprochen: Du förderst Computerspiele, und meine Kinder kleben dauernd am Schirm! Als Antwort appelliere ich an die Medienkompetenz der Eltern: Setzt Euch dazu, guckt hin, was Tochter und Sohn spielen! Und werdet Partner Eurer Kinder - gerade beim Gaming!

Haben Sie auch konkreten Rat?

Ganz wichtig: Eltern müssen die Spielzeit am Computer limitieren. Und sie sollten strikt darauf achten, dass nach dem Schlafengehen das Smartphone beiseite gelegt wird und nicht unter der Bettdecke in Betrieb bleibt.

Stichwort Smartphone: Wer daddelt überhaupt noch am Rechner?

Tatsächlich verdienen Goodgame Studios oder unsere InnoGames - von letzterer ist übrigens «Tribal Wars 2» - mittlerweile das meiste Geld mit mobilen Spielen.

Bei denen verschwimmen mitunter die Grenzen zwischen Realität und Game. Exemplarisch dafür war und ist die «Pokémon Go»-Welle«. Müssen wir befürchten, dass manche damit auch die soziale Orientierung verlieren?

Das kann ich mir absolut nicht vorstellen. »Pokémon Go« schreibt im Grunde bloß das Prinzip der guten alten Schnitzeljagd fort, für das digitale Zeitalter. Und nun laufen die Leute durch die Stadt, suchen Pokémon, treffen Gleichgesinnte: Game meets Reality, eine neue Dimension, das ist doch eigentlich toll!

Und was spielen Sie privat?

Im Moment sind das Point-and-Click-Adventures. Über den Screen dirigiere ich ein Männchen, das verschiedene Aufgaben lösen muss. Eine Glühbirne zum Leuchten bringen oder einen Schatz finden, und anschließend öffnen sich andere Räume, in einer skurrilen Welt. Ein netter kleiner Zeitvertreib für den Bahnhof oder den Flughafen.

Weitere Infos zum Projekt »gamecity:Hamburg«: www.nextmedia-hamburg.de/initiative/gamecityhamburg/

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal