Offerte vom Land an Reformkritiker

Finanzrahmen für Kreisreform vorgestellt - Entschuldungspläne sollen Lasten mildern

  • Wilfried Neiße
  • Lesedauer: 3 Min.

Eine uralte Weisheit besagt, dass eine Eselladung Gold noch jede Festung bezwungen hat. Eingedenk dessen sollen mit insgesamt 415 Millionen Euro die Belastungen der Reform für Brandenburgs Kreise und Kommunen abgemildert werden. Darüber informierte der Finanzminister am Donnerstag in Potsdam. Und er gab den Kritikern der Reform zu bedenken, dass beispielsweise der Freistaat Sachsen für diesen Prozess lediglich 289 Millionen aufgewendet habe, und das Land Mecklenburg-Vorpommern 136 Millionen Euro.

Weil sich in den »vorerst noch kreisfreien Städten«, wie Görke entschuldigend formulierte, der Widerstand an heftigsten artikuliert, ist der Löwenanteil der in Aussicht gestellten Summe auch für sie vorgesehen, wenn sie künftig als Oberzentren jeweils in einem neuen Landkreis aufgehen sollen. Das konkrete Angebot: Halbierung der Kassenkredite. Folglich kann Cottbus mit einer Entlastung von 111 Millionen Euro rechnen, Brandenburg/Havel mit 88 Millionen Euro und Frankfurt (Oder) mit 65 Millionen Euro. Er hoffe, dass damit eine »Versachlichung der Diskussion« erreich werden kann, merkte Görke an.

Aber auch andere notorisch klamme Kommunen sollen über die goldene Brücke gelockt werden. »Reformbeteiligte und bedürftige Landkreise« werden ebenfalls teilentschuldet, die Uckermark und die Prignitz mit je rund sechs Millionen Euro, der Landkreis Oberspreewald-Lausitz mit zehn Millionen. Wer dieses Geld haben wolle, müsse allerdings seine »Bedürftigkeit« unter Beweis stellen, stellte der Minister klar. Das seien zwei pflichtige Haushaltssicherungskonzepte in drei Jahren und ein »überdurchschnittlicher Kassenkreditbestand«. Görke zufolge erfüllen 41 Kommunen im Land diese Bedingungen.

Kreise, die künftig mit heutigen kreisfreien Städten fusionieren, können diesen Plänen zufolge mit einem über mehrere Jahre hinweg »abschmelzenden Zuschuss«, der insgesamt maximal stattliche 145 Millionen Euro umfasst, rechnen. Teure Theater und andere »Kulturstätten« sind dem Minister einen Zusatz-Zuschuss von insgesamt elf Millionen Euro wert.

In Berlinnähe sollen laut Reformbedingungen Gemeinden künftig nicht weniger als 12 000 Einwohner haben, in den fernen Regionen 8000 Einwohner. Wer bis 2019 freiwillig Zusammenschlüsse zur Herstellung dieser Bedingungen vornimmt, kann ebenfalls mit Teilentschuldung rechnen. Treuenbrietzen würden laut Minister dabei beispielsweise mehr als vier Millionen Euro erlassen.

Aber auch solche Kommunen, die heute schon die geforderte Einwohnerzahl besitzen, dürfen auf den Geldsegen hoffen - sofern sie »bedürftig« sind. Aus »Gründen der Gleichbehandlung«, wie Görke betonte. Demnach winken Eisenhüttenstadt eine Entlastung von 31 Millionen Euro, Forst von 16 Millionen Euro, Rathenow von drei Millionen Euro und Guben von zwei Millionen Euro. Alles in allem stecken 52 Millionen in diesem »Topf«.

Das Füllhorn, das Görke über die Kommunen auszuschütten gedenkt, ist damit aber immer noch nicht leer. Heutige Kreise, die von Zusammenschlüssen betroffen sind, erhalten einmalig 1,5 Millionen Euro, um erste Schwierigkeiten zu mildern. Der Minister wies darauf hin, dass dies seine Vorschläge seien, entscheiden müsse letztlich der Landtag.

Auf die Frage, ob eine solche »Wundertüte« nicht jene begünstigt, die in der Vergangenheit schlecht gewirtschaftet haben und jene bestraft, die gewissenhaft haushielten, sagte Görke, die Verschuldung bestimmter Kommunen habe »Gründe« gehabt. Unter Umstände habe die Hartz-Gesetzgebung des Bundes ihnen in den Jahren 2003 bis 2007 unerwartete Mehrausgaben beschert. Doch räumte er ein, dass die Situation auch mit »regionalen Besonderheiten« einhergegangen sei, die tatsächlich in den regionalen Vertretungen zu diskutieren seien, die er als Minister aber nicht alle einzeln betrachten könne. Und richtig: »Die Entlastung des einen ist die Belastung des anderen.«

#ndbleibt – Aktiv werden und Aktionspaket bestellen
Egal ob Kneipen, Cafés, Festivals oder andere Versammlungsorte – wir wollen sichtbarer werden und alle erreichen, denen unabhängiger Journalismus mit Haltung wichtig ist. Wir haben ein Aktionspaket mit Stickern, Flyern, Plakaten und Buttons zusammengestellt, mit dem du losziehen kannst um selbst für deine Zeitung aktiv zu werden und sie zu unterstützen.
Zum Aktionspaket

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal