Ein grandios verpfuschtes Leben

Von Piraten, schweren Verletzungen und dem mühsamen Weg zum Ruhm

  • Lesedauer: 3 Min.

Er wurde als viertes von sieben Kindern einer verarmten Adelsfamilie geboren. Sein Vater war als Chirurg tätig und zog mit der Familie von einer Stadt in die andere. Seinen ersten Unterricht erhielt der aufgeweckte Junge von einem Dorfpfarrer, danach schrieb er sich an der Universität ein, um Theologie zu studieren.

Schon während dieser Zeit zeigte sich seine außergewöhnliche literarische Begabung. Doch Geld, wie er hoffte, verdiente er mit dem Schreiben zunächst nicht. Stattdessen geriet er in Streit und verwundete in einem Duell seinen Gegner. Laut einer königlichen Verfügung sollte er daraufhin verhaftet und schwer bestraft werden. Um diesem Schicksal zu entgehen, flüchtete er nach Italien, wo er als Kammerdiener eines Kardinals arbeitete. Anschließend trat er als einfacher Soldat in die spanische Marine ein. Als Mitglied der Marineinfanterie beteiligte er sich an einer Seeschlacht gegen die Türken, bei der er von drei Schüssen getroffen wurde. Zwei gingen in die Brust, einer in den linken Arm, was zur Folge hatte, dass seine linke Hand dauerhaft gelähmt blieb. Das brachte ihm den Spitznamen »Der Einhändige« ein. Er habe, schrieb er später, »die Fähigkeit, seine linke Hand zu bewegen, zum Ruhme seiner rechten verloren«.

Nach sieben Jahren Kriegsdienst war er müde vom Kämpfen und wollte zurück in seine Heimat. Doch eine Gruppe von Piraten enterte die Galeere, auf der er fuhr. Er wurde zusammen mit seinem Bruder gefangen genommen und als Sklave nach Afrika verschleppt. Da er im Besitz eines adligen Empfehlungsschreibens war, hielten ihn die Piraten für einen bedeutenden Mann und hofften, ein stattliches Lösegeld für ihn zu erhalten. Doch diese Hoffnungen erfüllten sich zunächst nicht, und so musste er Jahr um Jahr in Gefangenschaft verbringen. In seiner Verzweiflung unternahm er mehrere Fluchtversuche, die jedoch allesamt scheiterten. Dabei hatte er großes Glück, dass man ihm zur Strafe nicht Nase und Ohren abschnitt. Nach fünf Jahren traf endlich das ersehnte Lösegeld aus seiner Heimat ein und er konnte dorthin zurückkehren. Seine Erlebnisse während der Gefangenschaft verarbeitete er in einem Theaterstück, das jedoch keine Beachtung fand. Wenig später schrieb er seinen ersten Roman und heiratete eine gut betuchte Bauerntochter, die 18 Jahre jünger war als er. Die Ehe blieb kinderlos; doch er hatte eine Affäre mit einer Schauspielerin, aus der eine Tochter hervorging. Um seine permanenten Geldschwierigkeiten etwas zu mildern, nahm er eine Stelle als Steuereintreiber an und machte sich dabei viele Feinde. Weil er auch in der Kirche pfändete, wurde er exkommuniziert. Dann zeigte ihn jemand an, Staatsgelder veruntreut zu haben. Er wurde verhaftet und ins Gefängnis gebracht, wo sein Leben eine unerwartete Wendung nahm.

In seiner Zelle erfand er einen literarischen Helden, der ihn unsterblich machen sollte. Nach der Entlassung aus dem Gefängnis brachte er dessen Abenteuer als Buch heraus, welches zu den meistgelesenen Werken der Weltliteratur zählt. Die Erstauflage hatte einen Umfang von 1750 Exemplaren und war rasch verkauft. Drei weitere Auflagen folgten, aber auch mehrere Raubkopien kamen auf den Markt, denn so etwas wie ein Copyright gab es damals nicht. Innerhalb weniger Jahre wurde das Buch, dem er schließlich einen zweiten Teil hinzufügte, ins Italienische, Französische und Englische übersetzt. Die deutsche Ausgabe erschien mit einigen Jahrzehnten Verspätung.

Er war nun eine internationale Berühmtheit und verdiente mit seinem Buch gutes Geld. Allerdings verlor er fast alles wieder, so dass er seine letzten Lebensjahre in Armut verbrachte. Noch einmal nahm er einen Roman in Angriff, den er vollendete, als er bereits todkrank war. Drei Tage später starb er mit 69 Jahren.

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