nd-aktuell.de / 31.08.2016 / Politik

Brasiliens Präsidentin Rousseff des Amtes enthoben

Zwei-Drittel-Mehrheit für Absetzung der suspendierten Staatschefin

Brasilia. Die brasilianische Präsidentin Dilma Rousseff ist ihres Amtes enthoben worden. 61 der 81 Senatoren stimmten am Mittwoch in Brasilia für die Absetzung der bereits suspendierten Staatschefin. Damit wurde wie erwartet die notwendige Zwei-Drittel-Mehrheit erreicht. Rousseff werden illegale Haushaltstricks vorgeworfen. Sie selbst hatte Fehler eingeräumt, aber die Amtsenthebung als Staatsstreich bezeichnet.

Neuer Staatschef wird der frühere Vizepräsident Michel Temer bis zum Ende der Wahlperiode im Dezember 2018. Der 75-jährige konservative Politiker, Chef der Zentrumspartei PMDB, war schon seit Mitte Mai Interimspräsident. Damit ist eine gut 13-jährige Regierungsperiode der Arbeiterpartei PT beendet.

Das Abstimmungsergebnis fiel wie erwartet deutlich aus. Die Gegner von Rousseff brachen nach der Verkündung in Jubel aus und sangen die Nationalhymne. Seit Donnerstag hatte der Senat in mehreren Marathonsitzungen und teils sehr emotional über die Amtsenthebung debattiert. Rousseff selbst bezeichnete das Verfahren in einer Ansprache vor den Senatoren als »Putsch«.

Die gegensätzlichen Positionen wurden in den letzten Stellungnahmen von Gegnern und Befürwortern der Amtsenthebung deutlich. PT-Senator Lindbergh Farias bezeichnete das Verfahren als »politisch motivierte Farce«. Die Geschichte werde diese Entscheidung revidieren. Senator Ronaldo Caiado wiederum verteidigte Rousseff Amtsenthebung als gerecht, weil sie »die Haushaltsregeln aus populistischen Gründen verletzt« habe.

Rousseff war seit Januar 2011 im Amt und die erste Frau an der Staatsspitze in Brasilien. Die 68-Jährige wurde 2014 knapp wiedergewählt, verlor aber bald drastisch an Popularität. Grund waren die lahmende Wirtschaft und der Korruptionsskandal um den halbstaatlichen Ölkonzern Petrobras, in die viele Politiker ihrer Arbeiterpartei verstrickt waren. Ihre Mehrheit im Kongress büßte die Präsidentin im April ein, nachdem mehrere Koalitionspartner zur Opposition übergelaufen waren.

In mehreren Städten kam es am Mittwoch zu Demonstrationen gegen die Amtsenthebung und gegen Übergangspräsident Temer. Auch der neue Präsident und Mitglieder seiner Regierung stehen unter Korruptionsverdacht. Zu Wochenbeginn war es in der Metropole São Paulo zu Auseinandersetzungen zwischen Aktivisten und der Polizei gekommen. Brennende Barrikaden und Straßenblockaden verursachten ein Verkehrschaos. epd/nd