Am Ende wird nicht nur gezählt

Vielleicht wäre ja zu losen die beste unter allen Wahlmethoden

  • Mike Mlynar
  • Lesedauer: 2 Min.

Das betreffende Churchill-Zitat geht zwar ein bisschen anders, aber es nutzt den gleichen Kontrasttrick: Demokratie ist die beste aller schlechten Gesellschaftsmodelle. Folgerichtig trifft das auch auf ihre essenziellen Elemente zu, nicht zuletzt die Wahlen. Sie sollen allgemein, unmittelbar, frei, gleich und geheim sein. In gewisser Weise auch transparent, damit nicht geschummelt wird. Doch diese Transparenz hört nach dem öffentlichen Auszählen bald auf. Zumindest für den größten Teil der Wähler.

Dann nämlich schlägt die Stunde der Mathematik. Sitzverteilungen werden - um das Gleichheitsprinzip (für jede Stimme) zu gewährleisten - nach bestimmten Methoden errechnet. Besonders drei Verfahren spielen da eine Rolle: das D’Hondtsche, das nach Hare/Niemeyer sowie das Divisionsverfahren mit Standardrundung nach Sainte-Laguë/Schepers.

Das ist nun nicht unbedingt große Mathematik, aber politische. Und zumindest im Ansatz so »gerecht« wie das deutsche Steuersystem. Wobei fairer Weise gesagt sei, dass es hierzulande wohl so gut wie ausgeschlossen ist, dass einer mit 540 000 Stimmen Rückstand gegenüber seinem Konkurrenten eine Wahl gewinnt wie weiland Georg W. Bush im Jahr 2000.

Doch Probleme mit der Gewichtung von Stimmen gibt es auch im Kleinen. Und wie im Großen ist man da schon mal geneigt zu sagen: Zu losen wäre wohl doch die beste unter allen schlechten Wahlmethoden:

In einem kleinen Verein sollen sich dessen 21 Mitglieder auf einen neuen Vorsitzenden einigen. Es gibt drei Kandidaten, A, B und C. Um es ganz demokratisch zu machen, wird beschlossen, dass sich jedes Vereinsmitglied nicht auf einen Namen, sondern auf eine Reihenfolge festlegt. Die sechs möglichen Reihenfolgen wurden am Ende so vergeben: A- B- C: 4 Mitglieder, A- C- B: 4 Mitglieder, B- A- C: niemand, B- C- A: 7 Mitglieder, C- A- B: 2 Mitglieder, C- B- A: 4 Mitglieder. Nach der Bekanntgabe erklärt sich jeder der Kandidaten zum Sieger. Mit welcher Begründung und vor allem: Wer ist nun wirklich der Sieger?

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