Lollapalooza: Falsches Spiel mit der Öffentlichkeit

Pirat veröffentlicht Akten des Bezirksamts zum Genehmigungsprozesses

  • Nicolas Šustr
  • Lesedauer: 3 Min.

»Trickserei« wirft René Pönitz, Piraten-Abgeordneter der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) Treptow-Köpenick, dem zuständigen Bezirksstadtrat Rainer Hölmer (SPD) bei der Genehmigung des Lollapalooza-Festivals im Treptower Park vor. »Bereits am 11. April wurde im Grünflächenamt von 50.000 bis 70.000 Festivalbesuchern pro Tag ausgegangen, während noch bei der Bürgerveranstaltung im Juli 45.000 Besucher genannt wurden«, sagt Pönitz. Er hatte am Dienstag Akteneinsicht nehmen können. Der erste Antrag wurde bereits am 25. März im Bezirksamt eingereicht, so eine weitere Erkenntnis. »In der BVV-Sitzung vom 28. April wurde der Eingang jedoch geleugnet.

Auch die großräumigen Sperrungen des Parks bereits eine Woche vor der Veranstaltung seien im Amt bereits im Mai bekannt gewesen. «Auch dies wurde auf der Anwohnerversammlung am 14. Juli nicht kundgetan», beklagt Pönitz. «Ich war auch ein klein wenig irritiert über die Sperrungen», sagt Umweltstadtrat Rainer Hölmer auf «nd»-Anfrage. «Bei den Vorbesprechungen mit den Veranstaltern wurde zwar angekündigt, dass die Zäune frühzeitig aufgestellt werden, jedoch sollten darin Durchgänge für Parkbesucher zunächst offenbleiben.» Erst nach Aufstellung der Zäune wurde er nach seiner Darstellung darüber in Kenntnis gesetzt, dass es wegen Sicherheitsbedenken der Veranstalter auch während des Aufbaus die Flächen nicht zugänglich sein würden.

Wegen der Genehmigung einer kommerziellen Veranstaltung auf dem Parkgelände könnte auch die Rückzahlung gewährter Fördermittel aus dem Programm Gemeinschaftsaufgabe «Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur» drohen, mit denen die Maßnahme finanziert wurde. «Wir haben uns tatsächlich eine Zusage des Finanzsenators geholt, dass er dem Bezirk mögliche Verluste durch die Rückzahlung ausgleicht», bestätigt Hölmer. «Man bindet im Zweifelsfall auch ein totes Pferd an», sagt er. Das tatsächliche Risiko liege praktisch jedoch unter einem Prozent. Das habe ihm die Senatswirtschaftsverwaltung versichert, so Hölmer.

In der Langfassung des Genehmigungsbescheids, der auch Begründungen enthält, wird das öffentliche Interesse an der Veranstaltung unter anderem mit einem «empfindlichen und vermeidbaren finanziellen Schaden in zweistelliger Millionenhöhe für den Landeshaushalt» begründet, sollte keine Erlaubnis erteilt werden.

Aufschlussreich ist auch die zweiseitige Liste der geprüften Ersatzstandorte, die René Pönitz auf seinem Blog veröffentlicht hat. Insgesamt 13 Orte finden sich da. Zu klein waren in den Augen der Veranstalter unter anderem der Zentrale Festplatz in Reinickendorf, die Trabrennbahn Karlshorst, die Wuhlheide, das FEZ und das WISTA-Gelände. Geeignet schien ihnen die Karl-Marx-Allee, jedoch habe das Bezirksamt den Standort als «nicht genehmigungsfähig» eingestuft. Etwas an der Haaren herbeigezogen klingt die Ablehnung der Straße des 17. Juni. Aufgrund «sehr schlechter Sichtachsen für das Publikum» sei das Festival dort «nicht durchführbar».

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