nd-aktuell.de / 13.09.2016 / Brandenburg / Seite 12

Weniger zahlen für die Kita

Während das Land noch überlegt, sammelt die SPD in Neuenhagen bereits Unterschriften

Andreas Fritsche

Die Struktur der Kitagebühren in Brandenburg ist unübersichtlich. Die Satzungen für die Elternbeiträge sind in den einzelnen Kommunen ganz unterschiedlich gestaffelt. Aber auch die Beträge, die Eltern mit demselben Monatseinkommen in der einen oder anderen Kommune für die Betreuung ihrer Kinder bezahlen müssen, unterscheiden sich teils erheblich.

Darum hatte die LINKE bei einem Landesparteitag im vergangenen Jahr konstatiert: »Zahlreiche Bürgerinitiativen beschweren sich zu Recht über die enormen Unterschiede bei den Beiträgen im Land oder über eine intransparente Festlegung der Essensgelder.« Die Partei nahm sich vor, mit einer Mustersatzung und klaren Regeln im Kita-Gesetz für mehr Transparenz zu sorgen »sowie eine Angleichung der Beiträge durchzusetzen«.

Doch die LINKE wollte und will nicht allein mehr Gerechtigkeit. Sie möchte alle Eltern finanziell entlasten, da sie Kitas als Bildungseinrichtungen sieht und Bildung nach Ansicht der Partei grundsätzlich kostenfrei sein sollte. Darum hieß es in dem Parteitagsbeschluss, die LINKE wolle bis zum Ende der Wahlperiode 2019 »den Einstieg in die elternbeitragsfreie Kindertagesbetreuung erreichen«. Gedacht war dabei nach Berliner Vorbild an eine schrittweise Einführung gebührenfreier Kitajahre, beginnend mit dem letzten Jahr vor der Einschulung.

Die SPD, die sich anfangs gegen solche Pläne sperrte, hat ihre Zurückhaltung nun aufgegeben. Bei einer Klausurtagung in Neuruppin verständigte sich die SPD-Landtagsfraktion in der vergangenen Woche, die Eltern finanziell zu entlasten. Dazu soll eine Kommission einberufen werden, die bis 2018 die Möglichkeiten prüft und Vorschläge macht.

Auf diesem Weg könnte die rot-rote Koalition dahin gelangen, wo die LINKE schon länger hin möchte. »Ich bin froh, dass der Koalitionspartner auf die Position der LINKEN eingeschwenkt ist«, sagte Linksfraktionschef Ralf Christoffers. Nicht von ungefähr komme die Ankündigung der SPD, es werde eine Kommission eingesetzt. Auch der Landtagsabgeordnete Thomas Domres (LINKE) sprach von einer »guten Nachricht«. Dagegen meinte und bedauerte der Bundestagsabgeordnete Norbert Müller (LINKE), die SPD schiebe damit die Entscheidung hinaus. »So werden weiter Familien wegen Kitabeiträgen arm«, bemängelte er. »Es ginge schneller.«

Eine Art rot-rote Koalition in der Gemeinde Neuenhagen (Märkisch-Oderland) wartet nicht ab, bis die rot-rote Koalition im Landesmaßstab Nägel mit Köpfen macht. In Neuenhagen möchten SPD und LINKE die Kitagebühren schnellstmöglich senken. »Wir wollen die Halbierung des Kitabeitrags für das letzte Kitajahr«, erläutert Sven Kindervater, der die Linksfraktion in der Gemeindevertretung führt. Eine komplette Gebührenfreiheit sei allein aus den Mitteln der Gemeinde derzeit nicht drin. Da muss eine Finanzierung durch das Land abgewartet werden. Aber die Reduzierung der Beiträge sei machbar.

SPD und LINKE hatten in der Gemeindevertretung bereits 2015 eine Halbierung der Gebühren im letzten Kitajahr beantragt. Der Vorstoß scheiterte damals, weil die Grünen nicht mitzogen, heißt es dazu aus der Linkspartei. So fiel der Antrag durch.

Doch er wurde nun noch einmal eingebracht, diesmal begleitet von einer Unterschriftenaktion, die Druck erzeugen soll. SPD und LINKE wollen auf der Straße und beim Oktoberfest Unterschriften sammeln. Die Einwohner der Gemeinde haben außerdem die Möglichkeit, sich unter neuenhagen-diskutiert.de im Internet in die Liste einzutragen.

»Kitas sind Bildungseinrichtungen und Bildung sollte nicht nur an der Universität und in der Schule gebührenfrei sein«, sagt Neuenhagens SPD-Fraktionschefin Marianne Hitzges.

Einer Beispielrechnung zufolge zahlen Eltern mit einem Nettoeinkommen von zusammen 1790 Euro in Neuenhagen 66 Euro Kitabeitrag, bei 3321 Euro Einkommen sind es 152 Euro und bei 4602 Euro sind es 235 Euro Beitrag. Durch die vorgeschlagene Reduzierung der Beiträge würden diese Eltern allein in den letzten sechs Monaten vor der Einschulung insgesamt zwischen 198 und 705 Euro sparen. Das Geld könnten sie dann auch verwenden, um Dinge anzuschaffen, die ihr Kind für die Schule benötigt.