Rosa Luxemburg war gegen bloßes Mitregieren

Brandenburgische Stiftung feierte ihr 25-jähriges Bestehen im Potsdamer Hotel »Mercure«

  • Wilfried Neiße
  • Lesedauer: 3 Min.

25 Jahre gibt es nun die Rosa-Luxemburg-Stiftung Brandenburg. Sie beging das Jubiläum am Dienstag im umkämpften Hotel »Mercure« in Potsdam. »Als die Stiftung gegründet wurde, war ich zwölf Jahre alt«, erklärte der Stiftungsvorsitzende Steffen Kludt dem vorwiegend bedeutend älteren Publikum. Als »Ironie der Geschichte« bezeichnete Kludt die Tatsache, dass der beste Schutz für das Hotelhochhaus, in dem man feiere, dessen Status als Spekulationsobjekt sei. Deswegen kämen die Gegner mit allen ihren Plänen, das einstige DDR-Interhotel einfach abreißen zu lassen, bislang nicht durch.

An den Wänden des Festsaals war eine Ausstellung zu DDR-Kulturhäusern zu besichtigen - eine »zeitlose Ausstellung«, wie Kludt bemerkte, und Symbol für die wichtige Arbeit der Rosa-Luxemburg-Stiftung in den vergangenen zweieinhalb Jahrzehnten. Zur Stiftungstätigkeit habe die Auseinandersetzung mit dem gescheiterten Sozialismusprojekt gehört, aber auch die Interessenvertretung der vielen DDR-Akademiker, die nach der Wende kaum noch berufliche Chancen hatten.

Der Landtagsabgeordnete Volkmar Schöneburg (LINKE) sagte, es sei nicht angängig, die DDR zu verniedlichen und beispielsweise an den Jugendwerkhöfen gebe es nichts zu verteidigen. Er erinnerte aber, dass die Zustände damals in den Kinderheimen der Bundesrepublik auch schlimm gewesen sind. Die weitgehende Verdrängung ostdeutscher Akademiker aus dem Berufsleben sei belegt, sagte Schöneburg. 80 Prozent der Forschungsabteilungen in brandenburgischen Betrieben seien abgewickelt worden, 60 Prozent aller Wissenschaftler, vor allem Geisteswissenschaftler, haben Schöneburg zufolge in der neuen Zeit keine Chance erhalten. Sie bildeten vielfach das Rückgrat der Luxemburg-Stiftung in den 1990er Jahren. Aber im linken Spektrum habe sich einiges geändert. »Die alte PDS war eine Partei der Intellektuellen - das ist heute nicht mehr ganz so«, sagte Schöneburg. Der LINKE-Landesvorsitzende Christian Görke bezeichnete die Stiftung als Ort »kritischer Reflexion«.

Unter den Gästen saß Ex-Justizminister Hans Otto Bräutigam (für SPD). Er steht für einen Politikstil der frühen 1990er Jahre, der in Brandenburg von Sachlichkeit im Umgang mit DDR-Biografien geprägt war. Schöneburg würdigte dies ausdrücklich. Einige Jahre später sah sich die Luxemburg-Stiftung angefeindet und hatte einen »schweren Stand«.

Schöneburg erinnerte an die Enquetekommission der Landtags zur Aufarbeitung der Nachwendejahre, die in der vergangenen Legislaturperiode tagte und die dem alten Kurs einer Vergangenheitsbewertung »mit menschlichem Maß« faktisch eine Absage erteilte. Dagegen könne sich die Luxemburg-Stiftung auf die Fahne schreiben, eine »alternative Diskussionsstruktur« zur Enquetekommission geschaffen zu haben. Veranstaltungen der Stiftung zur Landesverfassung, zur Entwicklung in der Landwirtschaft und zum Elitenaustausch hatten thematisiert, was in der Aufarbeitung sonst beständig beiseite geschoben werde. Die mit den Jahren immer rigoroserer Ausgrenzung ostdeutscher Intellektueller habe zum Ausbleiben der inneren Einheit Deutschlands geführt. Für Westdeutsche, die 1990 in ihrer Heimat wegen personellen »Ressourcenstaus« nicht vorankamen, sei der Elitenaustausch ein Glück gewesen. Denn sie konnten in den Osten gehen und dort auf Kosten der verdrängten Ostdeutschen in der öffentlichen Verwaltung Karriere machen. Die ostdeutsche Perspektive sei damit weitgehend ausgeschaltet worden.

Die Frage, ob die LINKE sich an Regierungen beteiligen soll, wurde in einer szenischen Collage problematisiert, die der frühere Landtagsabgeordnete Gerd-Rüdiger Hoffmann zusammengestellt hatte. Rosa Luxemburg, die Namensgeberin der Stiftung, hatte dem Mitregieren eine Absage erteilt: »Sozialistische Minister in einer Regierung werden zum Mitmachen gezwungen.« Und gehört die Welt am Ende den Sozialisten? Wieder Rosa Luxemburg: »Ich glaube felsenfest, dass es gut gehen wird.«

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