Vollkomfort statt Mannschaftsraum

Mit den «Basdorfer Gärten» soll bezahlbarer Wohnraum im teuren Speckgürtel entstehen

  • Tomas Morgenstern
  • Lesedauer: 4 Min.

Am Mittwoch hat die Gemeinde auf dem seit 2006 leer stehenden Kasernengelände das Wohnquartier «Basdorfer Gärten» gestartet. In einem der beiden ehemaligen Unterkunftsgebäude, in denen bis 2018 insgesamt 104 Mietwohnungen entstehen sollen, haben die Wandlitzer Bürgermeisterin Jana Radant und Brandenburgs Infrastruktur-Staatssekretärin Ines Jesse eine symbolische Grundsteinlegung vollzogen. «Es ist das größte Bauvorhaben seit Gründung der Gemeinde», sagte die Bürgermeisterin. «Der Bauantrag für Haus 1 ist eingereicht, damit liegen wir im Projekt- und Bauplan.»

Das Land unterstützt das Vorhaben mit Baudarlehen von 9,2 Millionen Euro, die Gesamtkosten liegen bei 15,9 Millionen Euro. Staatssekretärin Jesse übergab aus diesem Anlass den Zuwendungsbescheid. «Dank des großen Engagements der Gemeinde werden aus den ehemaligen Kasernen attraktive Gebäude mit einem guten Angebot für bezahlbaren Wohnraum», lobte sie. 78 der Wohnungen seien mietpreisgebunden, 74 barrierefrei erreichbar - geeignet für Geringverdiener, junge Familien, Alleinerziehende und Senioren. «Basdorf setzt damit das Konzept ›Wohnen für alle‹ sehr stringent um.»

Bereits im Vorfeld hatte das Land für Konversionsmaßnahmen auf dem insgesamt 40 Hektar großen Gelände - für Munitionssuche, Abriss und Altlastenbeseitigung - drei Millionen Euro bereit gestellt. Zudem gab es ein Darlehen zur Anschubfinanzierung in Höhe von einer Million Euro.

Die Großgemeinde Wandlitz (Barnim) mit ihren neun Ortsteilen hat rund 22 000 Einwohner. Über Bundesstraßen, Autobahnen und mit der Regionalbahn ideal mit Bernau und dem nahen Berliner Stadtgebiet verbunden, hat sie sich zu einem der bevorzugten Ausflugs- und Erholungsgebiete im nordöstlichen Umland entwickelt. Die Bebauung ist bis heute vorwiegend typisch dörflich, ergänzt durch stattliche Eigenheime vor allem in den Uferbereichen der Seen und in den Randlagen der Ortschaften. Und das Interesse aus Berlin und dem Bundesgebiet hält trotz kräftig gestiegener Grundstückspreise an.

Seit Jahren aber fehle es, so die Bürgermeisterin, an mehrgeschossigen Miethäusern - für mehrere Parteien und zu sozial verträglichen Preisen. Die älter werdende Einwohnerschaft und auch der Zuzug junger Familien hätten den Mangel verschärft. «Schaffung von dringend benötigten Sozialwohnungen war das Ziel unserer Gemeinde, als wir im Jahr 2012 die BEG Basdorf Entwicklungsgesellschaft mbH zur Entwicklung des Areals der Landespolizeischule gegründet haben», so Radant. «2013 haben wir die Machbarkeitsuntersuchung für die Umnutzung der Kasernen zu Wohngebäuden in Auftrag gegeben.» Bis zum Beschluss der Gemeindevertretung für den Grundstückskauf und die EU-weite Ausschreibung habe es zwei Jahre gedauert. Ende 2015 wurde dann das Potsdamer Architekturbüro van geisten.marfels mit dem Projekt betraut.

Der Umbau der zwei 100 Meter langen, dreigeschossigen Kasernenblöcke mit ihrer speziellen Raumaufteilung, den langen Fluren und jeweils zwei Treppenaufgängen zu Wohnungen war eine Herausforderung für die Architekten. Beim Umbau erhält jeder Block fünf Aufgänge, die Dächer werden abgetragen und durch bewohnbare Vollgeschosse ersetzt. So entstehen 104 Wohnungen mit zwei, drei und vier Zimmern und 47 bis 118 Quadratmetern Wohnfläche sowie mit Balkonen oder Terrassen. Die Masse werden Dreiraumwohnungen sein. Ein Viertel der Wohnungen ist frei vermietbar.

BEG-Geschäftsführer Norbert Illiges erinnerte daran, dass sich auf dem Gelände der künftigen «Basdorfer Gärten, bis 1945 ein Zwangsarbeiterlager der BMW-Motorenwerke befand. Bis 1990 war es Kaserne der Volkspolizei-Bereitschaften der DDR, dann bis 2006 Sitz der Polizeischule Brandenburgs. Um Platz für Neues zu schaffen, habe man eng mit dem Landesdenkmalamt zusammengearbeitet. 34 Gebäude seien am Ende 2012/2013 abgerissen worden. Noch vor zwei Monaten seien Munitionsreste abtransportiert worden, die in Bunkern auf dem Gelände zwischengelagert waren. Bis heute stehen auf dem Gelände neben zahlreichen Unterkunfts- und Dienstgebäuden sowie Garagen auch noch etliche historische Fremdarbeiterbaracken.

»Wir streben hier eine Mischnutzung mit familienbezogenem Wohnungsbau, Gewerbe, Kultur, Sport und Erholung an«, so Illiges. In der Nachbarschaft habe man 27 Eigenheimgrundstücke verkauft, bei weiteren Dienstgebäuden denke man an Angebote zum Selbstausbau. Auch eine sozialen Infrastruktur entstehe. So werde das denkmalgeschützte frühere Kasino als Trainingsstützpunkt für den Polizeisportverein mit seinen 640 Mitgliedern hergerichtet. Davor könnte ein Park Raum zum Erinnern an die wechselhafte Geschichte des Ortes bieten. Flankierend werden eine Tagespflegeeinrichtung und eine Kita entstehen. Anfang November öffne direkt an der B 109 ein neuer Supermarkt. Man hoffe, dass sich durch all diese Aktivitäten bald weitere Interessenten ermutigen lassen.

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