nd-aktuell.de / 10.10.2016 / Kultur / Seite 14

Anweisung 17

Robert Rescue

»Fahrscheinkontrolle. Alle mal was vorzeigen, was als Berechtigung für den Personentransport durch die Berliner Verkehrsbetriebe tauglich ist und bloß nicht wieder diesen Spruch von wegen ›Ich dachte, heute wäre die noch gültig‹.«

»Fahrscheinkontrolle. Bitte mal alle die Hand heben, die keinen gültigen Fahrausweis dabei haben.«

»Wieso Fahrscheinkontrolle? Was soll das heißen? Ich bin hier die Fahrscheinkontrolle. Zeigen Sie mal augenblicklich Ihren Fahrschein vor, sonst werde ich ungehalten.«

»Wieso Fahrschein? Ich arbeite für die Berliner Verkehrsbetriebe, da brauche ich keinen Fahrschein und privat fahre ich immer schwarz.«

»Was interessiert mich Ihr Privatleben? Sie haben also keinen Fahrschein und geben auch noch zu, schwarz zu fahren? Das kommt Sie teuer zu stehen, teurer als sonst.«

»Jaja, die Anweisung 17 des Fahrscheinkontrollwesens kenne ich auch: ›Straffällige, die keine an den Haaren herbeigezogenen Begründungen für das Fehlen eines Fahrausweises angeben, sondern zugeben, dass sie schwarz fahren, sind mit dem doppelten Bußgeld zu belegen.‹ Merken Sie eigentlich, dass wir beide Fahrscheinkontrolleure im Dienst sind und gerade versuchen, uns gegenseitig zu kontrollieren? Bei der Gelegenheit: Haben Sie eigentlich einen Fahrschein?«

»Wieso das denn? Ich brauche keinen Fahrschein, denn ich arbeite für die Berliner Verkehrsbetriebe, und zwar rund um die Uhr und im Dienste der Fahrgastbetreuung.«

»Na, dann zeigen Sie mal Ihren Befugnisausweis vor.«

»Den habe ich nicht dabei. Den hat meine Frau, weil sie Erledigungen besorgen … ich meine … Besorgungen erledigen will … ach verdammt.«

»Das ist ja mal eine interessante Ausrede. Sie bilden sich also ein, Fahrscheinkontrolleur zu sein, sehe ich das richtig? Oder wenn ich Sie falsch verstanden haben sollte - Sie geben ihrer Frau Ihren Befugnisausweis mit, damit die umsonst die Berliner Verkehrsbetriebe nutzen kann und die womöglich, daran will ich gar nicht denken, Fahrausweise kontrolliert, obwohl sie dazu gar nicht berechtigt ist. Ich sage Ihnen, spätestens ein Blick auf das Lichtbild wird die betrügerischen Absichten Ihrer Frau entlarven.«

»Ach, hören Sie doch auf. Da guckt doch kein Schwein drauf.«

»Sie haben recht, leider. Aber kommen wir zurück zu den Schandtaten von Ihnen und Ihrer Frau. Leider muss ich Ihnen dafür einen Bußgeldbescheid ausstellen, der in seiner geldlichen Höhe so astronomisch ist, dass Sie sicherlich morgen in einer der Gazetten auf der Titelseite stehen werden. Zahlen Sie bar, mit Kreditkarte oder gar nicht?«

»Gar nicht. Und ich stelle Ihnen auch ein Bußgeld in Rechnung, für Unterstellungen meiner Frau gegenüber und wegen Anmaßung gegenüber einer im Dienst befindlichen Respektsperson. Zahlen Sie jetzt oder später?«

»Später.«

»Gut, das habe ich vermerkt. Einen schönen Tag noch.«

»Ja, Ihnen auch noch einen schönen Tag.«