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Georgien träumt weiter

Regierungspartei bleibt nach Wahlen vorn

  • Johannes Stein, Tbilissi
  • Lesedauer: 2 Min.

Bis zum Schluss waren die Ergebnisse der georgischen Wahlen vom Sonntag unvorhersehbar. Dann holte die seit 2012 regierende linksliberale Partei »Georgischer Traum« nach Auszählung von 99 Prozent der Wahlkreise rund 48,6 Prozent der Stimmen, wie die Wahlleitung in der Hauptstadt Tbilissi mitteilte. Laut Behördenangaben stimmten knapp 42 Prozent der 3,5 Millionen Wahlberechtigten über 77 Listen und 73 Direktmandate ab.

Viele Einwohner des südkaukasischen Staates waren jedoch von der Regierung enttäuscht. Sie hatte ihre Wahlversprechen wie etwa mehr Jobs und größere soziale Gerechtigkeit nicht eingehalten. Die georgische Währung (GEL) hatte im Schatten der Krise in Russland und der Ukraine enorme Wertverluste zu verzeichnen.

Die Oppositionspartei der Nationalisten (»Vereinte Nationale Bewegung«, ENM) konnte weniger als 30 Prozent der Wähler für sich gewinnen. Sie sprachen von Wahlbetrug. Zur Wahl traten sechs Bündnisse und 19 Parteien an. Die meisten kleineren Parteien und Bündnisse scheiterten jedoch an der Fünf- Prozent-Hürde.

Im Mittelpunkt des Wahlkampfes standen nur zwei Männer. Einerseits der Milliardär und die graue Eminenz der überparteilichen Koalition GT, Bidzina Iwanischwili. Er hatte bei den Wahlen im Jahr 2012 aus dem Stand 54,9 Prozent der Stimmen für sich gewinnen können, und andererseits der einstige Präsident und jetzige Gouverneur von Odessa, Michail Saakaschwili. Der war sich des Sieges seiner Partei sicher und kündigte Monate vor den Wahlen an, aus dem Exil zurückzukehren und sich an der Regierungsbildung zu beteiligen. Saakaschwili ist des Amtsmissbrauchs angeklagt und würde bei einer Rückkehr unter der jetzigen Regierung festgenommen werden.

Die Wahlen wurden von mehreren Vorfällen überschattet. Neben handgreiflichen Auseinandersetzungen in Polit-Talkshows, Schlägereien auf Wahlkampfveranstaltungen und Schüssen auf den ehemaligen Verteidigungsminister Irakli Okruaschwili wurde inmitten der Hauptstadt am vergangenen Dienstag eine Bombe im Auto des Oppositionspolitikers der ENM Kiwi Targamadze gezündet. Er blieb unverletzt. Unklar ist, ob der Anschlag inszeniert war oder womöglich Anhänger der verfeindeten Partei GT dafür verantwortlich sind.

Die Regierung in Tbilissi sieht sich weiterhin mit einem seit Jahren gespaltenen Land konfrontiert. Besonders der Konflikt um Abchasien und Südossetien stehen im Vordergrund. In der seit dem georgisch-russischen Krieg 2008 abtrünnigen Region Südossetien sind russische Soldaten stationiert. Georgien Beitritts zu EU und NATO bleibt weiterhin fraglich.

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