nd-aktuell.de / 22.10.2016 / Politik / Seite 16

Kirchen haben bald deutlich weniger Geld

Im Bistum Erfurt halbiert sich Gemeindezahl bis 2021

Erfurt. Die evangelische und die katholische Kirche in Thüringen rechnen künftig mit viel geringeren Einnahmen aus der Kirchensteuer. Die Evangelische Kirche in Mitteldeutschland (EKM) gehe bis 2025 von etwa 35 Prozent weniger Kirchensteuerzahlern als heute aus, sagt EKM-Finanzdezernent Stefan Große der dpa. »Es werden vor allem die finanzstarken Steuerzahler aus dem Altersbereich der heute 50- bis 60-Jährigen sein, die ›herauswachsen‹«, wie er formuliert. Von Menschen dieser Altersgruppe kämen zurzeit mehr als 30 Prozent der Kirchensteuereinnahmen der EKM.

Der Generalvikar im Bistum Erfurt, Raimund Beck, erklärte, auch die katholische Kirche werde in Zukunft mit einem deutlichen Rückgang der Einnahmen aus der Kirchensteuer planen müssen. »Derzeit wird da viel durch die gute Konjunktur aufgefangen.« Wie hoch die erwarteten Verluste in Euro und Cent sein werden, lässt sich derzeit aber für beide Kirchen noch nicht sagen.

Für 2016 erwarten Protestanten und Katholiken noch Kirchensteuereinnahmen in etwa auf dem Niveau der Vorjahre. Nach EKM-Angaben lagen sie für Thüringen, Sachsen-Anhalt sowie kleine Teile von Brandenburg und Sachsen 2015 bei etwa 96 Millionen Euro. Das Bistum Erfurt hatte im vergangenen Jahr nach eigenen Angaben Einnahmen in Höhe von etwa 25 Millionen Euro verzeichnet. Der Jahresbericht 2014 des Bistums wies jedoch fast 29 Millionen Euro aus.

Beide Kirchenverwaltungen bereiten sich nach eigenen Angaben bereits jetzt mit angepassten Strukturen auf verschiedenen Ebenen auf die finanziell eher schwere Zukunft vor. Besonders beim Personal würden die sinkenden Einnahmen bereits mitgedacht, erklärten Große und Beck.

»Wir werden auf jeden Fall versuchen, einen Kahlschlag bei unseren Angeboten zu vermeiden«, so Beck. »Aber es wird Einschnitte geben.« Bei der Einstellung von Mitarbeitern sei das Bistum inzwischen sehr vorsichtig. Auch deshalb werde die Zahl der Pfarreien in Zukunft weiter sinken. Zum 1. Januar 2017 wird es im Bereich des Bistums 62 Kirchgemeinden plus den Erfurter Dom geben. 2021 seien es wohl nur noch 32 Kirchengemeinden plus Dom.

Auch bei der Nutzung von Gebäuden prüfe die katholische Kirche, wo Einsparungen möglich seien, ohne dass darunter die Seelsorge leide. »Es geht nicht darum, Kirchen zu schließen«, sagte Beck.

Große sagte, bei der EKM müssen ab Januar 2019 die Kirchenkreise ihre bisherigen Stellenpläne wegen der sich verschlechternden finanziellen Rahmenbedingungen anpassen. »Das wird zu einer zusätzlichen Einsparung von rund 80 Stellen im Verkündigungsdienst der 37 Kirchenkreise in der EKM führen.« Bis 2019 müssten zudem etwa 2,5 bis 3 Millionen Euro eingespart werden.

Wie Beck versprach aber auch Große, die evangelische Kirche werde trotz der engeren finanziellen Spielräume nah an den Menschen bleiben. »Ich bin sicher, dass es gelingt, trotz der erwarteten Rückgänge präsent und erkennbar zu bleiben. Denn gute Ideen und engagierte Mitarbeitende sind das Entscheidende, auch wenn das Geld knapper werden wird.« dpa/nd