nd-aktuell.de / 25.10.2016 / Wirtschaft und Umwelt / Seite 9

Widerstand gegen Telekomfusion

John Dyer, Boston

AT&T hat ein Fusionsangebot für einen anderen Branchenriesen vorgelegt: 85,4 Milliarden Dollar (78,4 Milliarden Euro) bietet der Telekomkonzern für das Kommunikationsunternehmen Time Warner. Das mögliche Entstehen eines Megakonzerns hat Kritiker auf den Plan gerufen. »Größer ist selten besser«, erklärte Verbraucheranwalt Jonathan Schwantes. »Für uns geht es vor allem darum, dass die Verbraucher die Wahl haben.«

AT&T will Time Warner kaufen, um Inhalte für seine Sammlung von Medienplattformen zu bekommen. Der Kaufvorschlag zeigt, wie sehr sich die Telekommunikationslandschaft verändert hat. Die Firmen versuchen, eine möglichst breite Palette an Angeboten zu bündeln, vom Fernseher und PC zuhause bis zu mobilen Geräten wie Smartphones oder Tablets. Als Medienplattformen brauchen sie dazu auch Inhalte, besonders Eigenproduktionen, die für Anzeigenkunden attraktiv sind. Time Warner bietet solche Inhalte. Der Konzern besitzt etwa den Fernsehsender CNN und den TV-Programmanbieter HBO.

Vor AT&T war Comcast an Time Warner interessiert, was jedoch an der Wettbewerbsaufsicht scheiterte. Denn Comcast hatte drei Jahre zuvor NBCUniversal gekauft. Das Unternehmen brachte ein umfangreiches Angebot an Nachrichten, Fernsehsendungen und Filmstudios mit. Die Wettbewerbsaufsicht akzeptierte das Geschäft mit NBC unter Auflagen. So darf Comcast die Angebote von NBCUniversal in seinen Netzen nicht bevorzugt behandeln etwa bei Videos eine höhere Geschwindigkeit anbieten.

AT&T-Chef Randall Stephenson wies solche Gedankenspiele zurück: »Wir kaufen etwas, das wir als Premiumproduzenten inhaltlicher Angebote sehen. Dann zu beschränken, wie dieser Inhalt verbreitet wird, macht für mich keinen Sinn. Es ist unlogisch.«

Im Falle von Comcast gebe es keinen Kontrollmechanismus, der überprüft, ob die Auflagen auch eingehalten werden, sagt Jeff Chester, Direktor des Center of Digital Democracy. Comcast habe NBCUniversal genutzt, um Daten über die Sehgewohnheiten der Amerikaner zu erhalten. Verbraucherschützer würden deshalb einen »riesigen Kampf« gegen das Zusammengehen von AT&T und Time Warner führen. Politiker fordern jetzt, den Vorschlag von AT&T genauso streng zu prüfen wie damals das Comcast-Angebot. Im US-Kongress wird es Anhörungen dazu geben.

Der republikanische Präsidentschaftskandidat Donald Trump ist entschieden gegen eine Fusion. AT&T wolle Time Warner kaufen »und damit das wild gegen Trump eingestellte CNN. Donald Trump würde einen solchen Deal niemals akzeptieren, denn er konzentriert zu viel Macht in den Händen von zu wenigen Mächtigen«, schrieb Trumps Wirtschaftsberater Peter Navarro. Die demokratische Kandidatin Hillary Clinton meinte nur, man müsse noch mehr Details erfahren, bevor man irgendwelche Schlüsse ziehe.

Jennifer Fritzsche, Analystin bei Wells Fargo Securities, hält die Parallele zwischen Comcast und AT&T für falsch. Comcast habe Time Warner kaufen wollen, als es schon NBCUniversal besaß, also schon über einen Inhalteanbieter verfügte. Das sei bei AT&T nicht der Fall. Sie könne sich nicht vorstellen, dass die Wettbewerbshüter das Argument zurückweisen würden, dass AT&T Time Warner gerade benötige, um mit dem Konkurrenten Comcast mithalten zu können.