nd-aktuell.de / 27.10.2016 / Politik

Belgien einigt sich auf CETA-Forderungen

Vertreter von Föderalregierung und Regionen stellen gemeinsame Forderungen auf / Geplante Unterzeichnung des Freihandelsabkommens weiterhin ungewiss

Update 12.30 Uhr: Belgien knickt vor CETA ein
Im Streit um das europäisch-kanadische Handelsabkommen CETA hat die belgische Zentralregierung sich mit den Regionen des Landes geeinigt. Das sagte am Donnerstag der belgische Regierungschef Charles Michel in Brüssel. Nun müssen sowohl die anderen EU-Staaten als auch Kanada den belgischen Wünschen nach weiteren Zusicherungen bei CETA noch zustimmen. Verschiedene belgische Parlamente haben bis Mitternacht am Freitag Zeit, Stellung zu beziehen.

Die eigentlich noch für den Nachmittag geplante feierliche Unterzeichnung durch die EU und Kanada blieb vorerst ungewiss. Kanadas Premier Justin Trudeau hat seine Anreise bereits abgesagt. Aus EU-Kreisen hatte es am Morgen geheißen, der Beginn des Treffens sei auf ungewisse Zeit vertagt.

Kanada sagt ab: CETA-Gipfel geplatzt

Berlin. Die für Donnerstag geplante Unterzeichnung des europäisch-kanadischen Handelsabkommens CETA ist geplatzt. Der kanadische Ministerpräsident Justin Trudeau sagte die vorgesehene Reise nach Brüssel ab, nachdem die innerbelgischen Verhandlungen über CETA ohne Ergebnis vertagt worden waren. »Die kanadische Delegation wird nicht anreisen«, erklärte eine Sprecherin. Sie zitierte Handelsministerin Chrysthia Freeland mit den Worten: »Kanada ist bereit, dieses wichtige Abkommen zu unterzeichnen, wenn Europa bereit ist.«

Zuvor hatten die belgische Zentralregierung und die belgischen Regionen ihre Verhandlungen auf Donnerstag vertagt. Am Donnerstag sollte das CETA-Abkommen eigentlich bei einem EU-Kanada-Gipfel feierlich unterzeichnet werden. Die belgischen Regionen, deren Zustimmung erforderlich ist, haben aber Einwände.

Die Linkenvorsitzende Katja Kipping kritisierte derweil Vorwürfe aus den Reihen der CETA-Befürworter in Richtung der belgischen Regionen. Es sei »absurd, dass die Technokraten von EU und Bundesregierung ausgerechnet den wallonischen Sozialdemokraten ‚undemokratisches Verhalten‘ vorwerfen, weil diese bisher das unsoziale und antidemokratische CETA-Abkommen blockieren.« Kipping fragte: »Kann sich jemand noch an das autoritäre Vorgehen von Schäuble gegen Griechenlands linke Regierung erinnern? Und auch die aktuellen Rufe nach weiteren ‚Strukturreformen in Europa‘ aus dem deutschen Finanzministerium zeigen, dass die Regierenden immer noch nicht verstanden haben, dass mit einer klaren Haltung für die sozialen und ökologischen Bedürfnisse der Menschen weit mehr zu gewinnen ist, als mit ihrem neoliberalen Anbiederungskurs an die Interessen der Reichen und Konzerne«. Die Politikerin warnte, »der fortgesetzte Realitätsverlust von SPD und CDU zerstört Europa«.

Belgiens Außenminister Didier Reynders teilte am späten Mittwochabend aber nach einer neuerlichen Verhandlungsrunde mit, die Gespräche der Zentralregierung in Brüssel mit den Regionen würden auf Donnerstag 10.00 Uhr vertagt. »Wir warten immer noch auf eine konkrete Antwort« der Regionen, teilte Reynders mit. Von einem Scheitern der Verhandlungen wollte der Außenminister nicht sprechen. Es gebe noch einige technische Fragen, die gelöst werden müssten. Er gehe aber weiter davon aus, dass Belgien am Donnerstag seine Haltung den Botschaftern der 28 EU-Mitglieder in Brüssel zukommen lassen könne. Diese treffen sich um 11.00 Uhr.

Ein innerbelgischer Kompromiss müsste wahrscheinlich aber auch noch von den Regionalparlamenten abgesegnet werden. Der Regierungschef der Region Wallonie, Paul Magnette, hatte am Mittwoch erklärt: »Es tut uns leid, aber es wird nicht möglich sein, den Gipfel morgen abzuhalten.« Der Regierungschef der deutschsprachigen Gemeinschaft, Olive Paasch, stimmte dieser Einschätzung zu. Er setze aber weiter darauf, dass eine innerbelgische Einigung erzielt werde.

EU-Vertreter hatten sich am Mittwoch noch zuversichtlich gezeigt. »In dem Augenblick, in dem wir miteinander sprechen, ist der Gipfel morgen noch möglich«, sagte EU-Ratspräsident Donald Tusk am Mittwochvormittag im Europaparlament in Straßburg. Agenturen/nd