nd-aktuell.de / 27.10.2016 / Politik

Linz erwartet eine Machtdemonstration der extremen Rechten

Thomas Pilgerstorfer über den Protest gegen ein Treffen der »Verteidiger Europas« und wie die großen Parteien in Österreich die rassistische Politik der FPÖ übernehmen

Michael Bonvalot

Für diesen Samstag ist in Linz ein Kongress mit dem Titel »Verteidiger Europas« geplant. Was ist davon zu erwarten?
Es wird ein großes Vernetzungstreffen der extremen Rechten aus dem gesamten deutschsprachigen Raum. Insgesamt sollen 300 bis 400 Personen am Kongress teilnehmen. Neben Referaten ist eine Messe geplant. Die Rechtsextremen nennen sie eine »Leistungsschau der patriotischen, identitären und konservativen Arbeit«. Organisiert wird der Kongress von zwei offiziell unabhängigen Publikationen, die allerdings beide der FPÖ nahe stehen.

Stellt die Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ) auch die Hauptredner?
Der für den Kongress bedeutendste Redner ist sicherlich Herbert Kickl. Er ist Generalsekretär der FPÖ und gilt als Mastermind von Parteichef Heinz-Christian Strache. Ursprünglich war mit Björn Höcke auch ein Redner der AfD eingeplant. Sein Name ist allerdings interessanterweise kommentarlos aus der Rednerliste verschwunden. Stark vertreten ist aber auch das burschenschaftliche Spektrum, repräsentiert etwa durch Philip Stein, Pressesprecher des Dachverbands »Deutsche Burschenschaft«. Ebenfalls angekündigt sind verschiedene Strukturen der sogenannten Neuen Rechten wie die neofaschistische »Identitäre Bewegung« und die Zeitschriften »Sezession« sowie »Blaue Narzisse«. Abgerundet wird das Spektrum durch rechte Verschwörungstheoretiker und Putin-Fans wie Jürgen Elsässer.

Welche Bedeutung muss man dem Kongress beimessen?
Einerseits geht es natürlich um die Vernetzung von Gruppen und Strömungen der extremen Rechten. Gleichzeitig ist der Kongress auch eine Machtdemonstration, die zeigt, wie sehr der Rechtsextremismus bereits in der Mitte der Gesellschaft angekommen ist. So werden die Räumlichkeiten in Linz vom Land Oberösterreich an die Rechten vermietet. Gegen diese offizielle Unterstützung gab es auch international große Proteste. So hat etwa die Vereinigung der italienischen KZ-Überlebenden einen Brief an Landeshauptmann Josef Pühringer von der konservativen ÖVP geschrieben, allerdings ohne Erfolg.

In Oberösterreich ist die FPÖ seit einem Jahr auch Teil der Regierung. Was hat sich dadurch verändert?
Der Diskurs hat sich seitdem stark nach rechts verschoben. Die FPÖ gibt die Themen vor, obwohl sie Juniorpartnerin ist. So wurden etwa die finanzielle Untersützung für geflüchtete Menschen stark eingeschränkt. Wir sehen aber auch sozialpolitische Einschränkungen für alle Menschen. So wurde etwa bei der Wohnbeihilfe dramatisch gekürzt, obwohl die Mieten stark steigen.

Wie schätzen Sie die politische Lage in Österreich insgesamt ein?
In Kürze werden wir ja wieder einmal den Bundespräsidenten wählen. Durch die Wiederholung der Wahl ist das Land mittlerweile fast ein Jahr im Dauer-Wahlkampf. Es vergeht kein Tag, ohne dass FPÖ-Kandidat Norbert Hofer oder Heinz-Christian Strache neue rechtsextreme Aussagen von sich geben. Am 26. Oktober etwa, dem österreichischen Nationalfeiertag, hat Strache wieder einmal einen Höhepunkt produziert, indem er auf seiner Facebook-Seite die alte austrofaschistische Hymne geteilt hat.

Welche Themen bestimmten die öffentliche Diskussion?
Das Thema Flüchtlinge ist sicherlich bestimmend. Das liegt auch daran, dass die Regierungsparteien auf Bundesebene, SPÖ und ÖVP, zum Teil selbst die rassistische Politik der FPÖ übernehmen und damit das Feld für die Rechten bereiten. In allen Umfragen liegt die FPÖ derzeit haushoch vorn. Auch rechte Straftaten nehmen zu. So ist Ende Mai im oberösterreichischen Altenfelden ein noch unbewohntes Flüchtlingsheim komplett abgebrannt. Die Täter wurden bis jetzt nicht gefunden. Gleichzeitig sollten wir aber nie vergessen, dass sich auch sehr viele Menschen für die Rechte geflüchteter Menschen und gegen Rechtsextremismus einsetzen und engagieren.