nd-aktuell.de / 10.11.2016 / Politik / Seite 4

Flash Crash-Auslöser gesteht Manipulationen

Hochfrequenzhändler muss ins Gefängnis und Millionenstrafe zahlen

Simon Poelchau

350 Jahre, wie ihm laut Anklageschrift theoretisch gedroht hätten, sind es dann doch nicht geworden. Dafür hat sich der britische Börsenhändler Navinder Singh Sarao am Mittwoch vor dem Bundesgericht im US-Staat Illinois der Marktmanipulation schuldig bekannt. Nun drohen ihm »nur noch« 30 Jahre Haft plus knapp 13 Millionen Dollar Strafe.

Dabei hat sich Sarao lange Zeit gegen seine Auslieferung in die USA gewehrt. »Ich habe nichts Falsches getan, außer gut in meinem Job zu sein«, sagte der 37-Jährige noch im Mai, als er in britischer Auslieferungshaft saß. Was ihm die US-Justiz vorwirft: Sarao soll am 6. Mai 2010 einen sogenannten »Flash Crash« ausgelöst haben. Damals verlor der Aktienindex Dow Jones binnen weniger Minuten 600 Punkte und damit fast zehn Prozent. Aktien wie die des Konsumgüterkonzerns Procter&Gamble sollen laut der US-Börsenaufsicht SEC sogar über ein Drittel an Wert eingebüßt haben. Zwar war der Schaden zum Großteil schnell wieder wettgemacht, zwischenzeitlich wurden aber hunderte Milliarden Dollar an Börsenwert verbrannt.

Schnell kamen allerlei Theorien auf, was diesen »Flash Crash« ausgelöst haben könnte. Der gemeinsame Nenner dieser Theorien: Erst der computerbasierte Hochfrequenzhandel, bei dem Wertpapiere anhand von Algorithmen innerhalb von Bruchteilen von Sekunden gekauft und verkauft werden, konnte eine solche Kettenreaktion auslösen, die zu diesem allgemeinen Kurssturz führte.

Knapp fünf Jahre dauerte es, bis die US-Behörden Sarao auf die Schliche kamen. Im April 2015 wurde er in London festgenommen und am Montag ausgeliefert. Sarao, dem seine Anwälte das Asperger-Syndrom diagnostizierten, soll am besagten Tag mit seinem Programm sogenannte Scheinorder auf den US-Leitindex S&P 500 getätigt haben, um so Kurse bestimmter Aktien nach unten zu drücken, die er dadurch günstig kaufen konnte. Insgesamt, so der Vorwurf, soll der aus Westlondon stammende Börsenhändler mit solchen Manipulationen mehr als 40 Millionen US-Dollar Gewinn gemacht haben.