nd-aktuell.de / 16.11.2016 / Ratgeber / Seite 23

Bei häufigem Krankfeiern droht im Kleinbetrieb leichter Kündigung

Urteile im Überblick

Das stellte das Landesarbeitsgericht (LAG) Rheinland-Pfalz in Mainz in einem am 11. Oktober 2016 schriftlich veröffentlichten Urteil (Az. 1 Sa 89/16) klar.

Eine medizinische Fachangestellte arbeitete seit September 2014 bei der Ärztin in Teilzeit, zunächst zwölf, später acht Wochenstunden. Das Kündigungsschutzgesetz galt in dem Kleinbetrieb nicht, da die Praxis deutlich weniger als zehn Mitarbeiter hatte.

2015 kündigte die Ärztin der medizinischen Fachangestellten wegen wiederholter krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit aus betriebsbedingten Gründen. Die Frau hatte sich insgesamt dreieinhalb Monate krankschreiben lassen. Die hohen Fehlzeiten hätten dazu geführt, dass eine Neueinstellung erforderlich war, so die Ärztin. Nur so konnte die Arbeit in der Praxis und dem Labor noch bewältigt werden.

Das LAG hielt die Kündigung für wirksam. Sie sei wegen der krankheitsbedingten Fehlzeiten und der damit verbundenen erheblichen Umstrukturierungen in der ärztlichen Praxis und einer Neueinstellung gerechtfertigt. In Kleinbetrieben bestünden allenfalls nach einer langjährigen Beschäftigung höhere Anforderungen für eine Kündigung. Arbeitnehmer könnten dann Vertrauensschutz geltend machen. Hier habe die Teilzeitkraft aber noch nicht einmal ein Jahr in dem Betrieb gearbeitet.

Drogenkonsum kann zur fristlosen Kündigung führen

Ein Lastwagenfahrer nimmt am Wochenende Drogen und setzt sich zwei Tage später wieder ans Steuer. Für seinen Arbeitgeber ist das Grund für eine fristlose Kündigung.

Fährt ein Lastwagenfahrer unter Einfluss von Drogen, kann das laut einem Urteil des Bundesarbeitsgerichts in Erfurt vom 20. Oktober 2016 (Az. 6 AZR 471/15) Grund für eine fristlose Kündigung sein. Ob seine Fahruntüchtigkeit konkret beeinträchtigt ist und deshalb eine erhöhte Gefahr im Straßenverkehr besteht, sei dabei unerheblich.

Im konkreten Fall hatte der Beschäftigte einer Firma in Bayern am Wochenende Crystal Meth konsumiert und sich dann zwei Tage später wieder ans Steuer eines Lastwagens gesetzt. Am Tag darauf war er mit seinem Privatauto in eine Polizeikontrolle geraten. Der Drogentest fiel positiv aus. Daraufhin hatte ihm sein Arbeitgeber fristlos gekündigt. Der Betroffene zog dagegen vor Gericht.

In den ersten beiden Instanzen hatte seine Klage Erfolg. So erkannte das Landesarbeitsgericht Nürnberg zwar, dass der Mann durch die Fahrten unter Drogen gegen seine Pflichten als Arbeitnehmer verstoßen habe. Dass ihm deswegen fristlos gekündigt wurde, sahen die Richter aber als unverhältnismäßig an. »Es liegen keine Umstände vor, die den Schluss zulassen, der Kläger sei an den genannten Tagen gefahren, obwohl er fahruntüchtig gewesen sei.«

Das sah das Bundesarbeitsgericht anders. Das Gericht habe bei der Interessenabwägung die Gefahren, die sich aus der Einnahme von Amphetamin und Methamphetamin typischerweise für einen Berufskraftfahrer ergeben, nicht hinreichend gewürdigt, erklärte der 6. Senat.

Die Entscheidung habe Auswirkungen über den Einzelfall hinaus, sagte der Hannoveraner Anwalt für Arbeitsrecht, Christopher Hilgenstock. Denn das Gefährdungspotenzial von Drogen wie Crystal Meth oder Kokain erstrecke sich prinzipiell auf alle anderen Arbeitnehmer, die bei Beeinträchtigung ihrer Sinne eine Gefahr für Kollegen darstellten.

Duzen ist kein Grund für eine Abmahnung

Das Duzen eines Kollegen, vermeintliches Auslachen oder das Aufstellen von ironischen Aufklebern im Büro sind noch keine Gründe für eine Abmahnung.

Das entschied das Arbeitsgericht Paderborn in einem Urteil vom 9. Juni 2016 (Az. 2 Ca 457/15). Damit bekam eine 61-jährige Sachbearbeiterin Recht, die in einer Einrichtung der katholischen Kirche arbeitete. 2015 erhielt sie insgesamt vier Abmahnungen, unter anderem, weil sie eine Kollegin wiederholt geduzt und sie als »Schätzchen« und »krank« bezeichnet hat.

Dann wurde gerügt, dass sie einen Aktenordner mit vollem Schwung auf den Schreibtisch ihrer Kollegin beförderte und sie anschließend »lauthals ausgelacht« habe. Auch auf einem Pappschild geklebte Aufkleber mit Lebensweisheiten wie »Die Suche nach Sündenböcken ist von allen Jagdarten die einfachste und bequemste« wurden als beleidigend und provozierend gerügt.

Das Gericht verpflichtete den Arbeitgeber, sämtliche Abmahnungen aus der Personalakte zu entfernen. Die Abmahnungen wegen des »Duzens« seien »offensichtlich unverhältnismäßig«. Der Arbeitgeber habe seine Pflicht verletzt, die Beschäftigte zuvor anzuhören. Auch sei der Vorfall mit dem Aktenordner und das Auslachen nicht als schwerwiegendes Fehlverhalten oder Verstoß gegen den Arbeitsvertrag anzusehen. Agenturen/nd