nd-aktuell.de / 25.11.2016 / Brandenburg / Seite 12

Lötzsch will LINKE versöhnen

Erfahrene Politikerin soll als Bezirksvorsitzende zerstrittene Genossen in Lichtenberg einen

Martin Kröger

Bei der Versammlung der Fraktionen der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) Lichtenberg und des Bezirksvorstandes der LINKEN will sie ihr Angebot noch einmal darlegen. Um den zerstrittenen Bezirksverband zur Räson zu bringen, stellt sich Gesine Lötzsch zur Verfügung, den Vorsitz der Lichtenberger Linkspartei zu übernehmen. »Ich würde diese Aufgabe noch einmal übernehmen, um damit beizutragen, die verschiedenen Gruppen zusammenzubringen«, sagte Lötzsch dem »neuen deutschland«

Ganz selbstverständlich ist das nicht, als Vorsitzende des wichtigen Haushaltsausschusses im Bundestag hat Lötzsch genug zu tun. Sie habe sich, so die Bundestagsabgeordnete, nicht gewünscht, dass diese Situation eintrete, sie würde sich aber nicht vor der Verantwortung drücken und glaube, dass sie in der jetzigen Situation nützlich sein könne.

»Diese Situation«, damit ist die Lage nach dem Rücktritt der Bezirksvorsitzenden und Bezirksbürgermeisterkandidatin Evrim Sommer (LINKE) Anfang dieser Woche gemeint. Der Schritt von Sommer hatte die bereits seit längerem köchelnden Machtkämpfe vollends eskalieren lassen. Der Bezirksbürgermeisterkandidatin Sommer war in einem Medienbericht vorgeworfen worden, ihren Lebenslauf geschönt zu haben. Sie selbst bestreitet das. Gemutmaßt wird in Parteikreisen, dass der Vorwurf an das lokale Fernsehen lanciert worden sei. Fakt ist: Sommer war in der vergangenen Woche zwei Mal bei der Wahl zur Bezirksbürgermeisterin in der Bezirksverordnetenversammlung Lichtenberg durchgefallen.

»Es ist aus meiner Sicht wichtig, dass Evrim Sommer weiter eine wichtige Rolle in unserer Partei spielt«, betont Lötzsch. Sommer selbst sagt: »Was ich an Solidarität, SMS, Mails, Briefen, Facebook-Posts erhalten habe, das habe ich noch nie gehabt.« Eine Rolle rückwärts werde es mit ihr aber nicht geben, sie schaue jetzt noch vorne, sagt Sommer.

Wen die Linkspartei statt ihrer bei der kommenden Wahl zur Bezirksbürgermeisterin am 15. Dezember in der BVV aufstellen will, eruiert derzeit eine Personalkommission unter der Ägide von Gesine Lötzsch. Geplant ist, dass die neue Bewerberin an diesem Sonnabend bei der angesetzten Versammlung des Lichtenberger Bezirksverbandes vorgestellt wird. Dass es eine Frau wird, gilt als gesetzt.

Aus Parteikreisen der Lichtenberger Linkspartei wird derzeit aber auch kolportiert, dass Teile der Partei den für den Stadtratsposten vorgesehenen Kandidaten Michael Grunst dazu drängen, selber Bezirksbürgermeister in Lichtenberg zu werden. Grunst, dem andere eine Intrige gegen Sommer nachsagen, dementiert das gegenüber dieser Zeitung: »Ich schließe es für mich aus, als Bezirksbürgermeister zu kandidieren«, sagt er. Er sei angetreten als Stadtrat, dafür habe ihn Hauptversammlung des Bezirksverbandes seinerzeit auch nominiert. Bei der für diesen Samstag vorgesehenen Parteiversammlung soll ein neuer Vorstand gewählt werden. Bislang gab es eine Doppelspitze an der Spitze. Sommer und Grunst. Als Nachfolger hatten sich bisher Sebastian Schlüsselburg und Christian Petermann empfohlen. Nach der Ankündigung von Gesine Lötzsch, selber wieder das Ruder zu übernehmen, zieht Schlüsselburg seine Bewerbung zurück. »Wenn Gesine Lötzsch antritt, werde ich sie unterstützen«, sagt er. Petermann wollte sich auf nd-Anfrage am Donnerstag nicht festlegen: »Dazu kann ich noch nichts sagen.« Das werde sich bis zur Hauptversammlung klären, hieß es.

Neu wäre der Bezirksvorstand für Lötzsch im Falle einer Wahl nicht, sie war früher bereits 18 Jahre lang Vorsitzende der Lichtenberger Linkspartei. Von der sie im Übrigen vor kurzem auch erneut als Direktkandidatin für die kommende Bundestagswahl im Herbst 2017 in Lichtenberg empfohlen worden war.