nd-aktuell.de / 28.11.2016 / Politik / Seite 4

Jubel in Miami: »Einer fehlt noch«

Beatriz Juez, Miami

Am Tag nach der Todesnachricht aus Kuba herrscht dort ausgelassene Stimmung. »Freiheit, Freiheit« rufen die Menschen vor dem Restaurant Versailles in Miami. »Es lebe das freie Kuba« und »Olé, Olé, Olé - er ist weg.« Die Exil-Kubaner in Little Havanna feiern ausgelassen den Tod von Revolutionsführer Fidel Castro. »Was für eine Freude. Viele Jahre haben wir darauf gewartet«, sagt Richard Sixto der Deutschen Presse-Agentur. »Jedem schlägt einmal die Stunde und jetzt hat sie ihm geschlagen.«

Nirgendwo sonst war Fidel Castro so verhasst wie in der kubanischen Exil-Gemeinde in Florida. Es sind Menschen, die die Karibikinsel wegen der Repressalien der sozialistischen Regierung verlassen haben. Sie haben ihre Heimat, Hab und Gut, ihre Verwandten zurückgelassen. Am Samstag schwenken sie kubanische Flaggen, zeigen ein Skelett, singen und fahren hupend in Autokorsos durch die Straßen.

»Ich feiere mit Champagner. Den habe ich schon kalt gestellt«, sagt Silvia Napoles. 1961 ist sie vor den Castros geflohen und in die USA gekommen. »Ich bin Christin. Ich freue mich nicht über den Tod eines Menschen, aber ich freue mich über den Tod des Teufels. Und dieser Mann war ein Teufel.«

In der Calle Ocho (8. Straße) im Herzen von Little Havanna hält Henry Marinello ein Pappschild in die Höhe. »Che, Fidel, Raúl. Einer fehlt noch«, ist darauf zu lesen. Die Namen von Che Guevara und Fidel Castro sind bereits durchgestrichen, der von Raúl Castro ist noch frei. »Es fehlt nur noch Raúl. Wenn Raúl stirbt, werde ich noch mehr feiern, weil dann die drei Mörder tot sind«, sagt Marinello.

Die Exil-Kubaner in Miami haben die US-Regierung stets zu einer harten Linie gegen Havanna gedrängt. Während des Kalten Krieges wurden dort auch immer wieder Anschlagspläne gegen den Revolutionsführer geschmiedet. Welche Haltung der künftige US-Präsident Donald Trump gegenüber Kuba hat, ist noch unklar.

»Ich glaube, hier wird sich nicht viel verändern, aber dort gibt es jetzt mehr Hoffnung«, sagt der Tätowierer Noe »Tattoo« mit Blick auf Kuba, das er vor fünf Jahren verlassen hat. »Fidel Castro war eine Ikone, die alle gefürchtet haben. Nachdem er gestorben ist, werden die Menschen die Angst verlieren.«

Auch Julio Sixto glaubt, dass der Tod von Fidel Castro den Kubanern mehr Freiheit bescheren wird. »Raúl Castro und seine Unterstützer werden sich aber an die Macht klammern. Sie sind eine Minderheit, aber sie verfügen über die Macht der Gewalt«, sagt der Exil-Kubaner, der schon seit 54 Jahren in Miami lebt. »Nur wenn das Volk zu Tausenden auf die Straße geht, wird es einen Wechsel in Kuba geben. Erst wenn diese ganze Kamarilla der Alten tot ist, ist Kuba frei.« dpa