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Rippenqualle stört Ökosystem

Die Mnemiopsis leidyi hat sich in der Ost- und jetzt auch in der Nordsee ausgebreitet

  • Robert Meyer
  • Lesedauer: 2 Min.
Sie wirken schwerelos, elegant und effizient - und bedrohen heimische Fischarten. Die ursprünglich an der Ostküste der USA beheimatete Rippenqualle Mnemiopsis leidyi ist im Herbst erstmals in der Ostsee gesichtet worden und inzwischen auch in der Nordsee. Der milde Winter dürfte ihre Ausbreitung weiter begünstigen.
Die etwa vier Zentimeter großen Quallen ernähren sich von mikroskopisch kleinen Lebewesen (Zooplankton) und machen damit Fischen Konkurrenz. Weil zudem auch Fischlarven auf ihrem Speiseplan stehen, können sie zu Gefahr für einige Speisefische werden. Im Schwarzen Meer haben Massen dieser Rippenquallen in den späten 80er Jahren einen dramatischen Einbruch der Fischbestände bewirkt. Auch in der Ostsee hat die Qualle, die wahrscheinlich als blinder Passagier im Ballastwasser von Schiffen aus Nordamerika nach Europa kam, schnell Fuß gefasst. 90 Rippenquallen pro Kubikmeter zählten Wissenschaftler des Kieler Leibniz-Institut für Meereswissenschaften Ende November. Inzwischen hat diese Dichte wieder abgenommen und beläuft sich auf ca. 30 Individuen pro Kubikmeter, sagt Prof. Ulrich Sommer vom Kieler Institut. Bei reichen Nahrungsangeboten vermehrt sich die Rippenqualle stark, im Sommer legen die Tiere pro Woche mehrere Tausend Eier ab. Ob die Qualle dauerhaft in der Ostsee Fuß fassen kann, darüber entscheidet »in erster Linie das Nahrungsangebot, das vor allem aus Zooplankton besteht. Kalte Winter mit Wassertemperaturen unter 4 °C können die Etablierung verlangsamen«, erklärt Sommer. Wahrscheinlich aber sei diese nicht mehr aufzuhalten, »jetzt gehe es darum, ob es zu einer Massenentwicklung wie 1989 im Schwarzen Meer kommt.« Bedroht seien durch die Mnemiopsis leidyi besonders zooplanktonfressende Schwarmfische, bei uns also Sprotten und Heringe. Ob Mnemiopsis allerdings alleine ausreicht, um diese Fische zu dezimieren oder »ob es des verstärkenden Effekts der Überfischung bedarf, ist noch nicht klar.« Auch im Falle des Schwarzen Meeres, so Sommer, meinen manche, dass erst die Überfischung Mnemiopsis die Möglichkeit zur massiven Entfaltung gegeben hat. Inzwischen ist die Qualle auch in der Nordsee angelangt. Nach Angaben von Prof. Sommer liegen dafür Belege vor aus Helgoland, dem Kattegat und von der norwegischen Küste. Die Mnemiopsis leidyi hat einen natürlichen Feind innerhalb ihres eigenen Stammes: Die Rippenqualle Beroe ovata, die im Schwarzen Meer das Gleichgewicht wieder hergestellt haben soll. Da liegt der Gedanke nahe, diese Qualle in der Ostsee einzuführen. Dazu meint Sommer aber: »Die Risiken einer Beroe ovata-Einführung lassen sich auf den ersten Blick nicht erkennen, aber es klappt vermutlich ohnehin nicht. Für Beroe ovata ist der Salzgehalt der Ostsee vermutlich zu niedrig. In der Nordsee gibt es zwei einheimische Beroe-Arten (B. cucumis und B. gracilis). Ob diese auch Mnemiopsis fressen, ist noch unbekannt. Wenn sich die Nordsee-Beroe-Arten in der Ostsee etablieren könnten, hätten sie es längst getan.«
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