Alle stehen hinter Sarkozy

Kandidat der französischen Rechten dominiert sein Lager

  • Ralf Klingsieck, Paris
  • Lesedauer: 3 Min.
Fast genau 100 Tage vor den französischen Präsidentschaftswahlen wurde Nicolas Sarkozy am Sonntag erwartungsgemäß zum Kandidaten der rechten Regierungspartei UMP bestimmt.
Zu einem Sonderparteitag, auf dem das Abstimmungsergebnis der Parteibasis - überwältigende Mehrheit für Sarkozy - bekanntgegeben wurde, hatte man mit acht Sonderzügen und 520 Bussen 80 000 UMP-Mitglieder nach Paris gebracht, die ihrem Parteichef und Hoffungsträger zujubelten. Der verkündete in einem perfekt inszenierten Show-Auftritt seinen Wahlslogan »Vereint wird alles möglich« und legte sein Konzept für die Präsidentschaft und die künftige Rechtsregierung dar. In seiner Rede appellierte er an die Anhänger der Rechten, alle Kräfte für einen überzeugenden Sieg ihres Lagers bei den Präsidentschaftswahlen Ende April/Anfang Mai und anschließend bei den Parlamentswahlen im Juni zu sammeln. Er selbst hat das sehr erfolgreich unter den rechten Spitzenpolitikern vorgemacht. Nachdem er jahrelang von seinem einstigen Ziehvater Präsident Jacques Chirac geächtet wurde, weil er bei den Wahlen 1995 dessen Gegenspieler Edouard Balladur unterstützte, hat Sarkozy zäh und geduldig daran gearbeitet, wieder in die Spitzengruppe aufzuschließen und früher oder später Chirac zu beerben. Nachdem er erfolgreich aus den verschiedenen rechten Parteien die Einheitspartei UMP gebildet hatte und dessen Vorsitzender geworden war, musste Chirac nach den Wahlen 2002 auch seinem Eintritt in die Regierung zustimmen, wo Sarkozy Wirtschafts- und Innenminister war und ist. In diesen Funktionen hat er oft erfolgreich neue Ideen vertreten und durchgesetzt. Damit hat er mehr und mehr ehemalige Gefolgsleute von Chirac überzeugt, die sich auf die Seite des aufstrebenden »Jungpolitikers« von 51 Jahren schlugen. Dazu zählen die ehemalige Regierungschefs Edouard Balladur, Alain Juppé und Jean-Pierre Raffarin sowie fast alle Minister der gegenwärtigen Regierung. Erst vor wenigen Tagen hat Verteidigungsministerin Michèle Alliot-Marie auf eine Kandidatur gegen Sarkozy verzichtet, zu der sie Chirac gedrängt hatte, und sich ebenfalls hinter Sarkozy eingereiht. Auch den gegenwärtigen Premier Dominique de Villepin hatte Chirac zeitweise als Bollwerk gegen Sarkozys Siegeszug auserkoren, doch dessen Chancen wären minimal. Trotzdem hat Villepin offiziell noch nicht drauf verzichtet, eventuell als rechter Präsidentschaftskandidat außerhalb der UMP anzutreten. Ebensowenig hat Präsident Chirac selbst verkündet, dass er sich nicht um eine dritte Amtsperiode bewirbt. Er dürfte allerdings klug genug sein, dieses Abenteuer nicht zu wagen, das in einer Blamage enden könnte. Jüngsten Umfragen zufolge haben 81 Prozent der Franzosen bekundet, dass sie von Chirac genug haben und ihn nicht noch einmal fünf Jahre an der Spitze des Staates sehen wollen. Er wird sich also wohl schweren Herzens in den unausweichlichen politischen Ruhestand fügen müssen. Fest zu ihm stehen nur noch Premier Dominique de Villepin, Parlamentspräsident Jean-Louis Debré und Forschungsminister François Goulard, die konsequenterweise erklärt haben, dass sie nicht für Sarkozy stimmen. Doch gegen solche »Abweichler« hat Sarkozy ein starkes Argument: Wenn nicht alle Kräfte der Rechten geschlossen hinter ihm stehen, sondern sich auf verschiedene Kandidaten verteilen, bestehe die Gefahr, dass im ersten Wahlgang neben der sozialistischen Kandidatin Ségolène Royal der Rechsextremist Jean-Marie Le Pen wieder genug Stimmen auf sich vereinigt und dann neben Royal im zweiten Wahlgang antreten kann. Die demokratische Rechte hätte sich dann selbst für fünf Jahre ins Abseits manövriert. Mit diesem Schreckenszenario will Sarkozy diejenigen in den eigenen Reihen disziplinieren, die sich noch nicht mit seiner Allmacht und seinem Alleinvertretungsanspruch für Frankreichs Rechte abgefunden haben.
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