Versöhner

Nikola Spiric / Erster Serbe an der Spitze der Regierung in Bosnien und Herzegowina

  • Lesedauer: 2 Min.
Mehr als drei Monate nach den Wahlen in Bosnien und Herzegowina hat die ehemalige jugoslawische Republik einen neuen Ministerpräsidenten. Und erstmals seit dem Ende des Bürgerkrieges 1992-1995 ist es ein Serbe. Ein Zweckbündnis von sieben Parteien der drei Völkerschaften Bosniens verständigte sich endlich auf Nikola piric, der immer wieder als aussichtsreichster Kandidat für das Amt des Regierungschefs genannt worden war. Geboren am 4. September 1956 in Drvar, gehört der Finanzwirtschaftler piric zu den wenigen Politikern im Lande, die ausschließlich in Bosnien gelebt haben. Er studierte und promovierte an der Universität Sarajevo, an der er bis 1992 als Wissenschaftler arbeitete. Seither lehrte er als Professor an der Universität Banja Luka. Erst seit Beginn des Bürgerkrieges 1992 betätigte sich piric auch politisch aktiv. Als Abgeordneter, Vorsitzender einer der beiden Kammern des bosnischen Parlaments und stellvertretender Minister für Minderheiten und Flüchtlinge erwarb er immerhin so viel Popularität, dass sich die Zahl der für ihn abgegebenen Stimmen bei der Wahl am 1. Oktober 2006 gegenüber der vorangegangenen Abstimmung verdoppelte. piric ist stellvertretender Vorsitzender des (serbischen) Bundes der Unabhängigen Sozialdemokraten (SNSD), dessen Chef Milorad Dodik der Regierung der Serbischen Republik (RS) in Banja Luka vorsitzt. Vor allem die (muslimische) Partei für Bosnien und Herzegowina des ehemaligen Premiers Haris Silajdzic, der jetzt Mitglied des dreiköpfigen Staatspräsidiums ist, widersetzte sich lange der Wahl eines Serben zum Regierungschef des Gesamtstaates. Für piric hat die Aussöhnung zwischen den Teilstaaten (Entitäten) hohen Rang. Silajdzic, dessen Partei den Außenminister stellen wird, will die Serbische Republik dagegen ganz abschaffen, weshalb er die geplante Verfassungsreform scheitern ließ. Überhaupt ist der neue Regierungschef, der sich natürlich auch für die Annäherung an EU und NATO ausspricht, nicht zu beneiden. Bis Anfang Februar hat er Zeit seine Regierung zu bilden. Auf Experten wolle er bauen, sagte piric, doch die Sieben-Parteien-Allianz hat die Ministerien eigentlich schon unter sich aufgeteilt. Marko Winter
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