Planvolle Ausbreitung in Kreisen

NPD setzt in Sachsen-Anhalt auf Kommunalwahlen im April

  • Hendrik Lasch
  • Lesedauer: ca. 2.5 Min.

Nach Wahlerfolgen im Nordosten hat die NPD jetzt Kreistage in Sachsen-Anhalt im Visier, die am 22. April neu gewählt werden. Dass die Konkurrenz im rechten Lager schwindet, könnte das Vorhaben befördern.

Die Bündnisgrünen in Wernigerode erhielten kürzlich per Mail eine Anfrage von Matthias Gärtner. Der Politikstudent aus Magdeburg begehrte Auskunft über rechtsextreme Aktivitäten im Land. Auf den ersten Blick ein unverfängliches Ansinnen: Ein langjähriger PDS-Abgeordnete diesen Namens, der heute Politologie studiert, ist als Experte für das Thema bekannt. Der Haken: Er studiert in Halle. Sein Magdeburger Namensvetter wird dem NPD-Umfeld zugeordnet; er soll auf Bildern von der Wahlparty der Partei in Schwerin zu sehen sein. Der Vorfall belegt einen Trend, auf den auch Verfassungsschützer aufmerksam machen: Zunehmend dringt die NPD, deren Wähler sich bisher eher aus weniger gebildeten jungen Männern rekrutierten, auch in studentische Kreise ein. Zwei von drei Mitgliedern im Landesvorstand der Nachwuchstruppe JN sind bereits Studenten - eine »neue Qualität«, wie Volker Limburg, Präsident des Landesamtes für Verfassungsschutz (LfV), sagt. Gestützt auch auf diese Klientel will die NPD bei der Kommunalwahl in Sachsen-Anhalt ihre kommunale Basis stärken. Am 22. April werden wegen einer Gebietsreform mehrere Kreistage gewählt. Die NPD, bisher in drei Kreistagen und fünf Stadträten vertreten, strebt nach Erkenntnissen des Verfassungsschutzes in sechs der neun neu zu wählenden Parlamente. Im Internet wird um Unterschriften von Unterstützern geworben. Aussichtslos ist das Unterfangen nicht. Zwar hat die Landespartei nur 250 Mitglieder, kaum mehr als vor dem Verbotsverfahren im Jahr 2000. Auch blieb das Wahlergebnis des Landesvorsitzenden, des Dachdeckermeisters Andreas Karl, bei der OB-Wahl in Halle mager. Dennoch hat sich der Landesverband, lange Jahre ein kläglicher Haufen, laut Limburg »entscheidend verändert«: Er agiere »professioneller und disziplinierter«. Zudem strotzen die Aktivisten vor Selbstbewusstsein. So geschieht es, dass LfV-Mitarbeiter an Schulen über Rechtsextremismus sprechen und die NPD vor dem Haus eine Mahnwache abhält. Gefördert werden die Wahlchancen auch, weil die Konkurrenz im rechten Lager schwindet. Die Republikaner fallen aus: Ihre Führungsriege im Land wechselte zu Jahresbeginn geschlossen zur NPD. Und die DVU, die bei der Landtagswahl 2006 in Absprache mit der NPD antrat und scheiterte, hat im Land kaum noch eine Basis. Um Wähler wirbt die Partei in sehr unterschiedlichen Kreisen. So werden sozial Benachteiligte angesprochen, etwa durch Kinder- und Familienfeste, die nicht als NPD-Veranstaltungen zu erkennen sind. Zugleich vertritt sie offensiv geschichtsrevisionistische Thesen, etwa als Mitinitiator des vermeintlichen Trauermarschs für Opfer der Zerstörung Magdeburgs am zurückliegenden Samstag. Auf der Internetseite des Landesverbandes wendet man sich denn auch »strikt dagegen, das deutsche Volk als alleinschuldiges Tätervolk hinzustellen«. Weniger förderlich für das Image dürften dagegen offenkundige Verbindungen zum militanten Milieu sein. So sollen die Täter, die kürzlich einen Anschlag auf das Asylbewerberheim in Sangerhausen verübten, zuvor an einer Feier bei der Szenegröße Enrico Marx teilgenommen haben, der in Sotterhausen den Nazitreff »Zum Thingplatz« sowie einen Versandhandel betreibt und Skinhead-Konzerte ausrichtet. Marx´ Lebensgefährtin Judith Rothe wiederum gehört zu den Gründerinnen der NPD-Frauenorganisation »Ring nationaler Frauen«. Ungewiss ist, welche Ressourcen die NPD für einen Wahlkampf mobilisieren kann. Die Bundespartei ist mit Rückforderungen des Bundestages über 850 000 Euro konfrontiert. Eine Materialschlacht, so Beobachter, ist daher kaum zu erwarten, zielgerichtete Wählerpost aber wohl. Das Magdeburger Innenministerium wies daher darauf hin, dass Wähler der Herausgabe ihrer Daten an Parteien...

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