Landratswahl gescheitert

61,7 Prozent erzielte der Sozialbeigeordnete Rolf Lindemann (SPD) am Sonntag bei der Landratsstichwahl im Kreis Oder-Spree. Landrat wird er mit diesem Ergebnis aber nicht. Denn bei einer kümmerlichen Wahlbeteiligung von 19,2 Prozent verfehlte Lindemann das bei der Landratsdirektwahl in Brandenburg geltende Quorum: Der Sieger muss mindestens 15 Prozent der Stimmen aller Wahlberechtigten auf sich vereinen. Sonst ist die Direktwahl gescheitert und der Kreistag bestimmt, wer an die Spitze der Kreisverwaltung tritt. 153 787 Wahlberechtigte gibt es in Oder-Spree. Lindemann bekam 17 819 Stimmen. Sein Konkurrent, der Anwalt Sascha Gehm (CDU), erhielt 11 075 Stunden.

Bei der ersten Wahlrunde vor zwei Wochen hatte der Tierarzt Eberhard Sradnik (für LINKE) ein Prozent hinter dem damals Zweitplatzieren Gehm gelegen und war damit ausgeschieden, ebenso wie zwei weitere Bewerber.

Mit dem Scheitern der Stichwahl am Sonntag in Oder-Spree sind nun im Land Brandenburg neun von 14 Landratsdirektwahlen am Quorum gescheitert. »Dass es bei Landratswahlen keine ausreichende Wahlbeteiligung gibt, beobachten wir seit der Einführung der Direktwahl im Jahr 2010«, sagte am Montag SPD-Generalsekretärin Klara Geywitz. Die 19,2 Prozent sind die bislang niedrigste Wahlbeteiligung. So etwas sei bei der Direktwahl der 144 Bürgermeister im Bundesland seit 1990 noch nicht ein einziges Mal vorgekommen. Auch habe die Wahlbeteiligung bei der Bürgermeisterwahl in Schöneiche bei Berlin mit 43,5 Prozent mehr als doppelt so hoch gelegen wie bei der zeitgleich stattfindenden Landratswahl. In Schöneiche setzte sich Ralf Steinbrück (SPD) knapp gegen Ingo Röll (CDU) durch. »Die Direktwahl von Landräten wird nicht angenommen«, bemerkte Geywitz. »Deshalb sollten wir unsere Landräte künftig wieder durch die Kreistage wählen lassen. Dieses Verfahren hatte sich von 1990 bis 2010 bewährt.«

CDU-Generalsekretär Steeven Bretz erinnerte, zuletzt sei der Landrat von Potsdam-Mittelmark direkt gewählt worden. Er meinte: »Statt nun - wie die SPD - aus machtpolitischen Gründen die Abschaffung der Direktwahl zu fordern, sollten wir alle Maßnahmen ergreifen, um die Wahlen bürgerfreundlicher zu gestalten. Ein erster überfälliger Schritt wäre, die Bürger mit einer Wahlbenachrichtigung gesondert über die Stichwahl zu informieren und so auch Briefwahl bei der Stichwahl praktisch zu ermöglichen.« Das Quorum herabzusetzen oder die Direktwahl abzuschaffen, halte die CDU nicht für »zielführend«.

Auch Grünen-Landeschef Clemens Rostock sprach sich gegen die Abschaffung der Direktwahl aus. Er schlug vor, die Amtszeiten der Landräte und Kreistage zusammenlegen, »wie es Niedersachsen gerade tut«. Das hieße, die Amtszeit der Landräte von acht auf fünf Jahre zu verkürzen. So könnten die Landrätewahlen parallel zu Kommunalwahlen stattfinden, bei denen die Beteiligung gewöhnlich besser ist. Bei der Kommunalwahl 2014 hatte die Wahlbeteiligung bei 46,2 Prozent gelegen.

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