Villen statt Turnhallen

Studierende unterstützen Protest der Geflüchteten

  • Johanna Treblin
  • Lesedauer: 2 Min.

»Wir wollen raus aus der Turnhalle, und zwar noch vor Weihnachten«, sagt Mufed Tapany. Zusammen mit rund 50 weiteren Bewohnern einer Notunterkunft im Hüttenweg in Dahlem protestiert er den vierten Tag in Folge gegen die Unterbringung in der Turnhalle (das »nd« berichtete). Jetzt haben die Geflüchteten Unterstützung von Studierenden der nahe gelegenen Freien Universität erhalten. Am Freitag wollen sie gemeinsam auf dem Campus der Hochschule in Dahlem für eine Unterbringung in Wohnungen demonstrieren.

Seit mehr als einem Jahr wohnen die meisten Menschen am Hüttenweg, darunter auch mehrere Familien. Wie die anderen Turnhallen auch, hätte die Notunterkunft längst geschlossen werden sollen. Doch der Umzug in Containerdörfer und andere Unterkünfte verzögert sich.

Auf große Transparente haben die Bewohner ihre Forderungen geschrieben: »Close the Heim« (Schließt das Heim), »Keine Massenunterkünfte - Eigene Räume«. Vor allem bemängeln sie die fehlende Privatsphäre. In einem Aufruf zur Demonstration am Freitag heißt es: »Viele der Geflüchteten gehen zur Schule oder besuchen Deutschkurse, können in der Unterkunft aber nicht lernen.« Dieser Zustand sei nicht tragbar. »Besonders angesichts der vielen leerstehenden Villen in Dahlem, ist es nicht zu akzeptieren, dass Bewohner*innen seit 14 Monaten in Mehrstockbetten, nur sichtgeschützt durch Folien oder Bettlaken, bleiben müssen«, heißt es weiter. Auch Bewohner anderer Notunterkünfte sind aufgerufen, sich an der Demonstration zu beteiligen.

Am Dienstag besuchte ein Vertreter des Landesamts für Flüchtlingsangelegenheiten die Demonstranten. »Er hat uns nichts versprochen«, sagt Tapany. »Nur gesagt, dass sich der Senat bemüht, uns bald in einem Wohnheim unterzubringen.«

Laut Heimleiterin Veronika Großmann sollen die Menschen nach letztem Stand im März vom Hüttenweg in ein Containerdorf an der Lissabonallee umziehen.

Geht es nach der neuen Sozialsenatorin Elke Breitenbach (LINKE), werden alle 2800 Geflüchtete, die noch in 38 Turnhallen leben, diese bereits bis Ende dieses Jahres verlassen. Am Dienstag hatte sie gemeinsam mit Finanzsenator Matthias Kollatz-Ahnen (SPD) erklärt, nach den »Regeln der Gefahrenabwehr« leerstehende Containerdörfer zu belegen. Langwierige Ausschreibungen sollen mit dieser Begründung umgangen werden und in erster Linie Wohlfahrtsverbände übergangsweise den Betrieb übernehmen. »Bis Ende des Jahres wird es baulich ausreichend Kapazitäten geben, um alle Turnhallen freizuziehen«, sagte Kollatz-Ahnen.

Demonstration am heutigen Freitag, 11.30 Uhr, Hauptmensa der Freien Universität, Otto-von-Simson-Str. 23, Steglitz-Zehlendorf

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