nd-aktuell.de / 28.12.2016 / Politik / Seite 6

Ein bisschen Freiheit für Flüchtlinge

Die meisten Bundesländer verzichten bislang auf die umstrittene Wohnsitzauflage

Berlin. Nur wenige Länder setzen bislang die Wohnsitzauflage für Flüchtlinge um. Wie eine Umfrage des Evangelischen Pressedienstes (epd) in den zuständigen Ministerien der Bundesländer ergab, gibt es nur in Bayern, Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen und dem Saarland Regelungen, die Flüchtlingen innerhalb des Bundeslandes einen Wohnsitz in einer bestimmten Stadt oder Kommune vorschreiben. Sachsen-Anhalt will solch einen Wohnsitzzwang nach Angaben des Innenministeriums in Magdeburg ab Mitte Januar umsetzen.

Die Mehrheit der Länder lehnt landesinterne Regelungen dagegen ab. In Sachsen hat der Lenkungsausschuss Asyl im Dezember entschieden, auf die Wohnsitzauflage vorerst zu verzichten. Voraussichtlich Mitte nächsten Jahres solle in dem Gremium erneut darüber beraten werden, ob Bedarf besteht, hieß es.

Die Länder Hessen und Schleswig-Holstein haben sich den dortigen Innenministerien zufolge noch nicht festgelegt. Die Stadtstaaten Berlin, Hamburg und Bremen erklärten, für sie habe eine landesinterne Regelung keine Bedeutung. Allerdings profitieren sie von der Regelung, dass Flüchtlinge zunächst einmal in dem Bundesland bleiben müssen, dem sie zugewiesen wurden. Damit sollte der Andrang auch auf Großstädte wie Berlin und Hamburg aus dem Umland gestoppt werden.

Die Wohnsitzauflage ist Teil des im August in Kraft getretenen Integrationsgesetzes der Bundesregierung. Es verpflichtet Flüchtlinge, die seit Anfang des Jahres anerkannt wurden, für drei Jahre in dem Bundesland zu bleiben, dem sie nach ihrer Aufnahme über den sogenannten Königsteiner Schlüssel zugewiesen wurden. Ausnahmen gelten für Menschen, die andernorts Arbeit, eine Ausbildung oder einen Studienplatz haben.

Zusätzlich können die Länder eigene Regelungen treffen, um den Bewegungsradius noch enger zu begrenzen. Unter anderem Sozialverbände hatten die Regelung scharf kritisiert, weil sie befürchten, dass Integration dadurch nicht gefördert, sondern durch den Zwang und das Zerstören persönlicher Netzwerke eher behindert wird. epd/nd