nd-aktuell.de / 05.01.2017 / Berlin / Seite 11

Erdgas kriegt eine Chance im Nahverkehr

Die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) wollen Busse mit umweltfreundlicherem Antrieb testen

Nicolas Šustr

Die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) wollen es noch einmal wissen und Busse mit Erdgasantrieb testen. In einer kürzlich veröffentlichten Ausschreibung fordern sie Hersteller auf, sich für einen Probebetrieb in der Hauptstadt zu bewerben. Rund zwei Wochen sollen die verschiedenen Fabrikate auf einer noch nicht genannten Buslinie verkehren. Mindestens 500 Kilometer weit soll der Bus mit einer Tankfüllung kommen. Es sollen die normalerweise zweitürigen Zwölf-Meter-Fahrzeuge sein, die dort fahren, wo weder Doppeldecker noch Gelenkbusse eingesetzt werden. Vier Dinge sind für die BVG bei den Tests entscheidend: Kraftstoffverbrauch, wie die Betankung funktioniert und vor allem, wie lange sie dauert, die Reichweite sowie die Fahreigenschaften.

Die kleine Stadtverkehrsgesellschaft Frankfurt (Oder) macht es vor. Seit 2002 setzt sie auf Busse mit Erdgasantrieb. Die Ingenieure sprechen dabei von CNG, Compressed Natural Gas, also verdichtetem Erdgas. Charakteristisch für diese Fahrzeuge sind die Knubbel auf dem Dach. Dort wird der Treibstoff in Tanks, die wie lange Röhren aussehen, gespeichert.

»Das ist ein Fortschritt, wenn die BVG wieder einen Einsatz solcher Busse in Erwägung zieht«, sagt Harald Wolf, Verkehrs- und Energieexperte der Linksfraktion im Abgeordnetenhaus. Bei Feinstaub, Stickoxiden und auch beim CO2-Ausstoß schneidet Erdgas besser als Diesel ab.

»Das hätte die BVG mal vor 25 Jahren machen sollen«, findet Martin Schlegel, Verkehrsexperte des Umweltverbands BUND. »Tatsächlich sind die Dieselbusse seit Einführung der EURO-6-Motoren nicht mehr so ein großes Problem«, sagt er. Seit dem vermehrten Einsatz dieser Fahrzeuge sank die gemessene Schadstoffkonzentration am Busknotenpunkt Hardenbergplatz erheblich. Trotzdem sieht er einen möglichen Einsatz von CNG-Bussen als Fortschritt. »Ziel muss aber die Elektromobilität sein, also mehr Straßenbahnen und elektrische Busse«, so Schlegel. Wichtig sei dies vor allem in der hochbelasteten Innenstadt.

»Es ist ein richtiger Schritt, aber die Nutzung von Erdgas kann nur ein Zwischenschritt sein«, so Stefan Gelbhaar, umweltpolitischer Sprecher der Grünen im Abgeordnetenhaus. »Bei Elektrobussen hat die Industrie noch nicht das Angebot vorrätig, das für den Alltagseinsatz reicht«, sagt er. Die Bundesebene müsste nach Gelbhaars Überzeugung »nicht nur die Elektrifizierung privater Autos, sondern vor allem jene öffentlicher Flotten fördern«.

Und die BVG? Gibt sich wortkarg. Ob CNG-Busse eine sinnvolle Brückentechnologie darstellen, sollen die Test erst einmal zeigen, sagt BVG-Sprecher Markus Falkner. »Für die Zukunft des Busverkehrs prüfen wir natürlich mehrere Optionen.«