nd-aktuell.de / 11.01.2017 / Sport / Seite 19

Die Zukunft des Fußballs

Ab 2026 werden 48 Teams bei der WM spielen. Damit entschied sich das FIFA-Council vor allem für mehr Geld

Alexander Ludewig

Es ging schnell. Eigentlich wollte das FIFA-Council am Dienstag in Zürich über das Format der Weltmeisterschaft 2026 beraten. Die Sitzung begann um neun Uhr, die mögliche Reform des größten und wichtigsten Fußballturniers stand in der Tagesordnung unter Punkt 3.2. Schon kurz nach halb Elf teilte der Weltverband dann mit, dass sich die 33 Councilmitglieder einstimmig für eine Erweiterung der WM von 32 auf 48 Mannschaften entschieden haben.

Zeit für Beratungen und Diskussionen blieb also nicht. Die Entscheidung, zumal einstimmig, wurde wohl schon vorher abgesprochen. Dafür hatte der FIFA-Präsident Gianni Infantino, der neben derzeit 32 Abgesandten aus den sechs Kontinentalverbänden ebenfalls im Council sitzt, in den vergangenen Monaten ja auch genug Werbung gemacht. Schließlich war die Aufstockung des Teilnehmerfeldes seine Idee und im Februar 2016 auch sein Wahlversprechen.

Die Kritik, die nach der Entscheidung weltweit laut wurde, bezog sich zumeist auf den verminderten sportlichen Wert der WM. Reinhard Grindel, Präsident des Deutschen Fußball-Bundes (DFB), fasste sie anschaulich zusammen: »Ich bin nicht glücklich mit dieser Entscheidung. Nun sehe ich die Gefahr, dass wir künftig vermehrt defensiv eingestellte Teams sehen könnten. Wenn die Fußball-WM insgesamt an Attraktivität verliert, leidet die Akzeptanz bei Fans und Sponsoren, und dann leidet zwangsläufig auch die Vermarktung.«

Auf derlei Nörgeleien war Gianni Infantino natürlich vorbereitet und lieferte nach der Councilsitzung jede Menge Argumente. »16 Länder, die bislang keine Chance hatten, sich zu qualifizieren, werden diese nun haben«, lobte der FIFA-Präsident die gemeinnützigen Vorteile zum Wohle kleinerer Nationen und wurde zugleich visionär: »Wir müssen die WM ins 21. Jahrhundert, in die Zukunft führen. Der Fußball ist global.« Auch für die Kritiker aus den europäischen Spitzenvereinen, die eine Mehrbelastung ihrer Stars befürchten, fand er ein paar Worte. »Dieses Format kann in exakt der gleichen Anzahl Tagen gespielt werden.« Zudem habe der Weltmeister wie bisher nur sieben Spiele zu absolvieren. Zwar müssen im neuen Modus mit 48 Teams, die in der Vorrunde in 16 Dreiergruppen antreten, statt bislang 64 insgesamt 80 Partien gespielt werden. Da dies aber weiterhin in 32 Tagen geschehen soll, steigt allein die Belastung für die Ausrichter in den jeweiligen Gastgeberländern.

Kleinigkeiten, wie das konkrete Vorgehen in und nach der Gruppenphase, ob dort schon Spiele im Elfmeterschießen entschieden werden und wer sich im Zweifelsfall qualifiziert, sind Infantino nicht ganz so wichtig: »Das wird drei Jahre vor dem Turnier entschieden.« Bedeutender ist ihm die Verteilung der neuen, zusätzlichen Startplätze. »Wir haben beschlossen, dass das sehr bald untersucht wird«, sagte der FIFA-Präsident. Denn das berührt wiederum sein Wahlversprechen an die kleineren Nationen, seine Machtbasis.

Um Macht und vor allem Geld ging es vorrangig auch bei der Entscheidung am Dienstag. Ihre skandalreiche Vergangenheit kam die FIFA teuer zu stehen. Von 2014 bis 2018, im Vierjahreszyklus von WM zu WM, rechnet sie mit Verlusten von mehr als 520 Millionen Euro. Sponsoren sind abgesprungen, neue finden sich nicht mehr ganz so leicht und noch laufende Ermittlungen der Staatsanwaltschaften in der Schweiz und den USA verschlingen weiterhin viel Geld. Da war die Aussicht auf Mehreinnahmen von rund 600 Millionen Euro, die laut einem internen FIFA-Papier eine 48er-WM einbringt, wohl das entscheidende Argument. Schließlich hatte Infantino in seinem Präsidentschaftswahlkampf auch den 211 nationalen und den sechs kontinentalen Verbänden eine Erhöhung der finanziellen Zuwendungen zugesagt.

Reformen hatte der neue Präsident auch versprochen. Rein formell war anscheinend die der Strukturen. Aus der mächtigen Exekutive wurde das FIFA-Council - und dies soll im Sinne von »Good Governance« keine ökonomischen, sondern nur noch politische und strategische Entscheidungen treffen. Die vom Dienstag versuchte Infantino als solche zu verkaufen.