nd-aktuell.de / 13.01.2017 / Kommentare / Seite 4

Krieg auf den Finanzplätzen

US-Zölle für Importe aus China? Das könnte auch für Deutschland zum Problem werden, meint Heiner Flassbeck

Heiner Flassbeck

Donald Trump erschreckt viele. Derzeit erschreckt er China, weil er droht, Zölle auf Importe aus der Volksrepublik zu erheben. Der Grund: Trump glaubt, das Land habe den Handel mit den USA einseitig ausgenutzt. Viele fragen sich, ob er es sich erlauben kann, einen Handelskrieg mit China loszutreten, denn das Land sei der wichtigste Importeur für die US-Wirtschaft und nach Japan der größte Gläubiger der USA, die unter einem notorischen Außenhandelsdefizit leiden.

Berlin sollte sehr genau hinsehen, wie Trump sich zu China verhält, denn auch Deutschland, das G20-Land mit dem höchsten Überschuss der Exporte über die Importe (fast neun Prozent des Bruttoinlandsproduktes), hat einiges zu verlieren. Die USA sind für die Bundesrepublik der Handelspartner mit dem größten Defizit von etwa 60 Milliarden Euro pro Jahr. Das wird Trump spätestens dann auffallen, wenn sein Finanzminister den jährlichen Currency Report an den Kongress erstellt, in dem aus der Sicht der USA die größten Sünder im internationalen Handel angeprangert werden.

Was also kann Trump gegenüber den Überschussländern tun? Ein Handelskrieg, so der Eindruck in Europa, würde am Ende auch den USA schaden. Doch das ist viel zu kurz gedacht. Zunächst ist es kein Handelskrieg, wenn man Überschussländer in die Schranken weißt. Nach den Regeln der Welthandelsorganisation (WTO) kann man Ländern mit hohen Überschüssen ganz legal mit dem Schutz der eigenen Märkte drohen und sanktionieren.

Was in Deutschland und in China gerne vergessen wird: Wer dauernd Überschüsse im Außenhandel macht, schädigt in der Tat die Defizitländer, da er mit seinen Produkten die der Defizitländer verdrängt und dorthin Arbeitslosigkeit exportiert. Die Wohlstandsgewinne im Außenhandel sind bei großen Überschüssen und Defiziten nicht gleichmäßig verteilt. Das Überschussland gewinnt in jedem Fall und das Defizitland verliert. Das widerspricht der Idee des Freihandels und der Hoffnung, dabei würden alle gewinnen.

Auch die Sache mit den hohen finanziellen Forderungen der Chinesen gegenüber den USA ist nicht so einfach. Prinzipiell bauen Überschussländer gegenüber Defizitländern steigende Forderungen auf, denn ein Teil der gelieferten Waren wird vom Überschussland auf Pump verkauft. In der Volksrepublik kam hinzu, dass die chinesische Zentralbank lange Jahre eine Aufwertung der eigenen Währung gegenüber dem US-Dollar verhindern wollte und daher US-Dollar am internationalen Devisenmarkt erwarb. Diese wurden dann überwiegend in US-Staatsanleihen umgetauscht. Das geht gerade zu Ende, die chinesische Zentralbank versucht nun sogar, die Abwertung der eigenen Währung zu verhindern, verkauft US-Dollars und kauft ihre eigene Währung zurück.

Die USA sind in der glücklichen Lage, einerseits über einen gewaltigen Kapitalmarkt zu verfügen, an dem solche Prozesse keine bedeutende Rolle spielen. Verkauft die chinesische Zentralbank ihre US-Anleihen, kauft sie jemand anderes. Ob der Kurs dabei ein wenig fällt oder steigt, spielt keine Rolle. Andererseits sind die USA privilegiert, weil praktisch alle ausländischen Forderungen auf US-Dollar lauten - und das ist bekanntlich die Währung, die in den USA hergestellt wird.

Hohe ausländische Forderungen kann man dadurch kleiner machen, dass man dafür sorgt, dass der Wert des US-Dollar zu anderen Währungen sinkt. Auch diese Operation ist für einen US-amerikanischen Präsidenten nicht besonders schwer. Er muss seinen Finanzminister nur sagen lassen, man habe kein Interesse an einem starken Dollar und schon wird er schwach, weil die Märkte erwarten, dass der Präsident seinen Worten Taten folgen lässt.

Ein schwacher US-Dollar bedeutet, dass ausländische Exporte teurer werden und in den USA weniger gekauft werden. Es bedeutet aber auch, dass die US-amerikanischen Forderungen für deren ausländische Halter an Wert verlieren, weil Washington ja immer nur Dollars als Gegenleistung für die Güter liefern.

Wenn es also Konflikte zwischen China oder Deutschland und den USA gibt, dann geht es um einen Währungs-, weniger um einen Handelskrieg. Erst wenn sich zeigt, dass ein Währungskrieg nicht weiter führt, werden die USA die legalen Möglichkeiten der WTO nutzen, um Importe abzuwehren. Man sollte sich aber keine Illusionen machen: Im Unrecht sind immer die Überschussländer.