nd-aktuell.de / 16.01.2017 / Berlin / Seite 1

Einstürzende Senatsbauten

Rot-Rot-Grün in Berlin ist schwer getroffen - Basta von Müller zu Holm verstärkt Koalitionskrise

Berlin. Gemeinsam gestalten wollten SPD, Linkspartei und Grüne im neuen Berliner Senat. Auf Augenhöhe und mit einem neuen Stil. Knapp sechs Wochen nach der Regierungsbildung liegt das von einigen als bundesweites Pilotprojekt ausgerufene »R2G« in der Hauptstadt zwar noch nicht in Trümmern, aber die Koalition befindet sich in einer ernsthaften Krise. Verschärft wurde das ohnehin angespannte Verhältnis der Mitte-Links-Partner am Wochenende durch die ultimative Forderung des Regierenden Bürgermeisters Michael Müller (SPD) an die Bausenatorin Katrin Lompscher (LINKE), den seit Wochen wegen Stasi-Vorwürfen belasteten Baustaatssekretär Andrej Holm zu entlassen.

»Gerade in Berlin, der Stadt der Teilung, darf es keinen Zweifel am aufrichtigen Umgang mit der eigenen Geschichte geben - sowohl in den vergangenen Jahren als auch heute«, erklärte Müller. Außerdem habe ein Staatssekretär nicht nur fachliche Verantwortung, er führe eine Verwaltung, übernehme als hoher politischer Beamter Verantwortung für Menschen. Nach »reiflicher Überlegung« und »intensiven Gesprächen« mit den Koalitionspartnern habe er sich entschlossen, die zuständige Senatorin zu bitten, dem Senat eine Vorlage zur Entlassung Holms vorzulegen, so Müller am Samstagnachmittag.

Die Berliner Linkspartei zeigte sich nach der Veröffentlichung der Erklärung überrascht. »Es geht nicht, dass man über öffentliche Erklärungen den Koalitionspartner zu Entscheidungen zwingt«, sagte Linksfraktionschef Udo Wolf dem »nd« am Sonntag nach einem Krisentreffen der Parteispitze. Stattdessen müssten in »internen Gesprächen« Argumente überzeugen. Diese Gespräche mit SPD und Grünen will die LINKE jetzt führen. In einer Erklärung des Landesvorstands und des Fraktionsvorstandes der LINKEN hieß es zuvor zudem: »Andrej Holm hat unser Vertrauen.«

Die nächste Senatssitzung in Berlin ist turnusmäßig für den kommenden Dienstag geplant. Dass Lompscher bis dahin Müllers Entlassungsaufforderung an Holm folgt, galt am Sonntag als unwahrscheinlich. mkr Seite 11