Die Macht des Präsidenten

  • Olaf Standke
  • Lesedauer: 3 Min.

Obwohl schon seit Jahren nicht mehr auf Rang 1 der vom »Forbes Magazine« erstellten Liste »The World's Most Powerful People«, wird der US-Präsident noch immer gern als mächtigster Mann der Welt bezeichnet. Tatsächlich regiert er ein Land, das gemessen an seinem Bruttoinlandsprodukt von rund 18 Billionen Dollar nach wie vor die größte Wirtschaftsmacht ist. Im Unterschied zum Bundespräsidenten in Berlin agiert er gleichzeitig als Regierungschef mit Richtlinienkompetenz und oberster Verwaltungschef einer riesigen Administration. Und da er zudem Oberkommandierender der Streitkräfte mit Verfügungsgewalt über die Nuklearwaffen der USA ist, befehligt er auch die weltweit stärkste Armee mit einem Jahresetat von rund 600 Milliarden Dollar; das ist mehr als die acht nächst größten Militärapparate zusammen verpulvern und etwa ein Drittel der globalen Rüstungsausgaben. Ein von einem Adjutanten getragener, 20 Kilogramm schwerer »Atomkoffer« begleitet nun auch Donald Trump auf Schritt und Tritt.

Ist die deutsche Kanzlerin nur Chefin einer Exekutive, deren Minister ihre Ressorts eigenverantwortlich leiten, arbeiten dem US-Präsidenten »Sekretäre« der verschiedenen Fachbereiche zu. Angela Merkel kann auch kein Veto gegen Gesetze einlegen oder eigenmächtig Truppen entsenden. Allerdings darf der US-Präsident keine Kriege erklären - dieses Recht hat nur der Kongress, das aus zwei Kammern (Repräsentantenhaus und Senat) bestehende Parlament der Vereinigten Staaten. Entsendet der Staatschef Kampftruppen in fremde Länder, muss er den Kongress zudem spätestens nach 90 Tagen um Zustimmung bitten.

Gesetze vermag der Präsident nicht selbst direkt einzubringen, sondern nur über Umwege, indem er sie in Reden vorschlägt, sie unterstützt und fördert. Dagegen hat er das Recht, Dekrete zu erlassen, die Gesetzeskraft besitzen - von seinem Nachfolger aber auch wieder rückgängig gemacht werden könnten. Er darf, wie gerade von Barack Obama zum Ende seiner Amtszeit praktiziert, Gefangene begnadigen oder ihre Strafen mildern, auch im Fall einer Todesstrafe.

Das Präsidentenveto gegen ein vom Kongress eingebrachtes Gesetz wiederum kann von einer parlamentarischen Zweidrittelmehrheit überstimmt werden. Für die Durchsetzung seiner politischen Vorstellungen ist also die Zusammensetzung der beiden Häuser des Kongresses von großer Bedeutung; wobei sich Trump in den nächsten zwei Jahren im Repräsentantenhaus wie im Senat auf Mehrheiten der Republikaner stützt. Kommt es zum Streit mit dem Kongress, hat der Präsident kein Recht, das Parlament aufzulösen und Neuwahlen auszurufen. Großen, zumal langfristigen Einfluss auf politische und gesellschaftliche Leitlinien hat in den USA der Supreme Court mit seinen Urteilen. Ernannt werden die Obersten Richter vom Präsidenten, doch muss ihre Bestellung vom Senat gebilligt werden.

In den USA spricht man von »checks and balances« zwischen Exekutive, Legislative und Judikative - keines der Staatsorgane soll übermächtig werden. Allerdings gibt es nur wenige demokratisch gewählte Staatschefs mit solcher Machtfülle. Auf der Forbes-Liste stand in den vergangenen drei Jahren Russlands Präsident Wladimir Putin auf Platz 1.

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