nd-aktuell.de / 26.01.2017 / Wirtschaft und Umwelt / Seite 9

Pkw-Maut zum Zweiten

Kabinett segnet überarbeiteten Gesetzentwurf ab - breite Kritik will nicht verstummen

Kurt Stenger

Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt bleibt stur: Es werden keine weiteren Ausnahmen bei der Pkw-Maut zugelassen, sagte der CSU-Politiker am Mittwoch im ARD-»Morgenmagazin«. Als Kompromiss sei vereinbart worden, dass die Bundesstraßen auch für Autofahrer aus dem Ausland mautfrei blieben.

Das wird selbst in seiner Schwesterpartei anders gesehen: »Entlang der Grenzen müssen Autofahrer mautfrei unterwegs sein können«, sagte die CDU-Vizevorsitzende Julia Klöckner, die aus Rheinland-Pfalz stammt. »Die geplante Pkw-Maut ist eine Gefahr für den kleinen Grenzverkehr«, der für beide Seiten ein wichtiger wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Faktor sei. In der Region Trier etwa reisten Unternehmer, Arbeitnehmer und Touristen zwischen Luxemburg und Deutschland hin und her. 10 bis 15 Prozent seines Umsatzes erwirtschaftet der Trierer Einzelhandel mit dem kleinen Grenzverkehr. Ähnlich hatten schon Vertreter Schleswig-Holsteins und des Saarlandes vor sinkenden Einnahmen durch die Maut gewarnt.

Im überarbeiteten Gesetzentwurf aus dem Hause von Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU), den am Mittwoch das Bundeskabinett beschloss, wird diese Kritik ignoriert. Eingearbeitet sind lediglich die Änderungswünsche der EU-Kommission: Demnach soll bei den umstrittenen Erleichterungen für Inländer als Ausgleich für ihre Mautzahlungen stärker der Schadstoffausstoß der Fahrzeuge berücksichtigt werden. Inländische Besitzer abgasarmer Euro-6-Fahrzeuge werden bei der Kfz-Steuer um rund 100 Millionen Euro mehr entlastet als bisher vorgesehen. Als zweite Änderung beschloss das Kabinett eine stärkere Spreizung der Kurzzeittarife, die nur Fahrer aus dem Ausland wählen können. Statt drei soll es jetzt sechs Preisstufen von 2,50 bis 25 Euro geben. Den konkreten Start der Maut erwartet Dobrindt mittlerweile für 2019. Nach Abzug der Kosten sollen 524 Millionen Euro pro Jahr zweckgebunden für Straßeninvestitionen hereinkommen.

Experten zweifeln an solchen Rechnungen. Laut ADAC würden Einmalkosten für die Einführung und der laufende Betrieb die Gewinne auffressen. Der LINKE-Verkehrsexperte Herbert Behrens sprach von einem »schnellen Durchwinken eines Gesetzes, das außer Dobrindt niemand will«. Dies sei »der Offenbarungseid der großen Koalition«. Der Grünen-Europaabgeordnete Michael Cramer erklärte: »Dobrindt ging es nie um eine faire Finanzierung der deutschen Infrastruktur, sondern vor allem um das Schüren ausländerfeindlicher Ressentiments.«