Gesetzt

Wladimir Wolfowitsch Shirinowski ist gesetzt. Das meint beileibe nicht das Verhalten. Immer noch unkontrolliert und polternd provoziert der inzwischen 70-Jährige und prügelt sich im Fernsehen. Gesetzt ist der Ultrakonservative vielmehr vor dem 30. Jubiläumsparteitag seiner weder liberalen noch demokratischen Partei LDPR am 4. Februar in Moskau. Allen Mitgliedern ihres Obersten Rates und der Zentralen Kontroll- und Revisionskommission droht »zu 100 Prozent« die Auswechslung - nur Parteigründer Wladimir Wolfowitsch nicht.

Der bleibt, »denke ich«, Vorsitzender. Diese Ankündigung kam von Igor Wladimirowitsch Lebedew. Dessen Vatersname verweist auf ein enges Verhältnis zum unkündbaren Chef: Der 44-Jährige ist nicht nur Mitglied der Fraktion der Liberal-Demokratischen Partei, Vizevorsitzender der Duma und Mitglied des Exekutivkomitees der Russischen Fußballunion. Er ist Sohn von Wladimir Shirinowski.

Auch die Partei des gelernten Rechtsanwaltes bleibt gesetzt als ultra-nationalistische Opposition im rechtsextremen Spektrum Russlands. Mit 39 Sitzen bindet sie in der obersten Volksvertretung einigen Wählerwillen, knapp hinter den Kommunisten mit 42 Sitzen und deutlich vor der Mitte-Links-Partei Gerechtes Russland mit 23 Abgeordneten. Alles unter Kontrolle bleibt jedoch bei der Präsidentenpartei Einiges Russland mit ihren 343 von insgesamt 450 Dumasitzen.

In dem Hohen Haus mit Blick auf den Kreml sorgt Shirinowski senior immer wieder gern für Skandale. Der Regierung empfahl er den Abwurf einer Atombombe über dem Bosporus, um Istanbul zu überfluten, falls die Türkei die Meerenge sperren wolle. Antisemitische und andere Ausfälle gehen ihm leicht über die Lippen. Die Ukraine wollte er zwischen Russland, Polen, Rumänien und Ungarn aufteilen.

Wer die von Shirinowski kontrollierten Extremisten habe, der brauche keine anderen, vermuten Beobachter als Kalkül eines erstaunlich langmütigen Kreml. Trotz allen Lärmens stimmten sie zuletzt doch stets wie erwünscht.