nd-aktuell.de / 06.02.2017 / Kultur / Seite 17

Spionage unter Freunden

Freitags Wochentipp: »Abgehört und abgenickt« in der ARD

Jan Freitag

Den Satz muss man kurz mal durchkauen, runterschlucken, sacken lassen und behält ihn doch unverdaut im Magen: »Wir haben uns zu diesem Schritt entschieden, da wir aufgrund der Berichterstattung in den letzten Wochen und Monaten derzeit keine Basis für eine partnerschaftliche Zusammenarbeit sehen.« So verweigerte der US-amerikanische Geschäftsführer des bayrischen Fußballclubs TSV 1860 München am Dienstag vergangene Woche die Dauerakkreditierung kritischer Lokalzeitungen. Da macht der gelernte Maschinenbauer Anthony Power seinem Namen ja Ehre im Umgang mit Medien und zugleich klar, als was nicht nur sein Landsmann Trump Reporter betrachtet: Dienstleister oder Feinde.

Andererseits ist die Presse auch untereinander nicht nur von Fairness geprägt. Das Berliner Arbeitsgericht wies kürzlich eine Klage der Fernsehjournalistin Birte Meier ab. Die Mitarbeiterin des ZDF-Magazins »Frontal 21« wollte es nicht mehr hinnehmen, dass sie bei gleicher Leistung schlechter als ihre männlichen Kollegen bezahlt wird. Vielleicht wäre das ja mal ein Fall fürs nächste ARD-Drama am Mittwoch mit entsprechender Chance auf einen jener Deutschen Fernsehpreise, die Ende vergangener Woche in Düsseldorf verliehen wurden.

Erwartungsgemäß bekamen ARZDF ein Dutzend Trophäen, mehr als alle Privaten zusammen. Weniger erwartbar war, dass mit Sonja Gerhardt eine Darstellerin prämiert wurde, die in »Ku’damm 56« und »Jack the Ripper« fachlich allenfalls solide die Kaugummikulissen dekorierte. Ebenfalls ein Schlag ins Gesicht von Niveau und Anstand: Auszeichnungen für »Galileo« (Infotainment), »Kitchen Impossible« (Vox), »Autoquartett« (RTL Nitro) und letztlich auch »Familienfest« als bester Film, der fraglos gut, aber keinesfalls herausragend war. Das ist nach wie vor der Seriensieger Jan Böhmermann, dessen »Neo Magazin Royale« nach der Rückkehr gleich wieder mit einen Geniestreich glänzte, der das dramatische Weltgeschehen rund um Trump mit angemessener Heiterkeit ordnet.

So gar nicht zum Lachen ist hingegen eine herausragende Doku, die damit sehr unmittelbar zu tun hat. Anstelle der ursprünglich angesetzten ARD-Geschichtsstunde »Unsere Städte nach ’45«, setzt Hubert Seipel in »Abgehört und abgenickt« am Montag sein legendäres Interview mit Edward Snowdon von 2014 gewissermaßen fort und macht daraus »eine kleine Geschichte des Nachrichtendienstes und ihrer Zwänge, Mechanismen, Kommunikation«, wie der vielfach preisgekrönte Filmemacher sein Werk umschreibt.

Eine Quintessenz aus Gesprächen mit vier früheren BND-Chefs oder dem früheren NSA-Boss Hayden, aus geschwärzten Akten, schweigsamen Zeugen und regierungsamtlicher Blockade lautet dabei in Anlehnung an Angela Merkels berühmten Satz: »Abhören unter Freunden geht sehr wohl!« In Zeiten falscher Fakten stellt Seipel dazu eher die richtigen Fragen, als selbstgerechte Antworten zu geben. Das ist auf einem Erdball im Würgegriff eines selbstverliebten Potentaten mehr als genug.

ARD, 6.2., 22.45 Uhr