nd-aktuell.de / 06.02.2017 / Politik / Seite 8

Juristischer Gegenwind für Trump

US-Berufungsgericht lehnt Rückkehr zum Einreiseverbot ab / Umfragewerte im Keller

Olaf Standke

Jetzt also auch massives Richter-Bashing per Kurznachrichtendienst. Kaum hatte James Robart, Bundesrichter in Seattle, den vom neuen US-Präsidenten verfügten Einreisestopp für Menschen aus sieben überwiegend muslimischen Ländern nach einer Klage des US-Bundesstaates Washington landesweit ausgebremst, folgte Trumps zorniges Twitter-Gewitter: »Wo kommt ein Land hin, wenn ein Richter ein Reiseverbot des Heimatschutzministeriums stoppen und jeder, selbst mit bösen Absichten, in die USA kommen kann?« Der Richter »öffnet unser Land für potenzielle Terroristen«. Das sei »eine fürchterliche Entscheidung«, wetterte der Präsident. Und: »Die Meinung dieses sogenannten Richters, die praktisch unserem Land die Durchsetzung von Gesetzen wegnimmt, ist irrwitzig und wird gekippt werden!«

Hier allerdings täuschte sich Trump. Denn am Samstagabend (Ortszeit) lehnte das zuständige Berufungsgericht den Eilantrag des Justizministeriums auf umgehende Aussetzung des Richterspruchs ab. Die einstweilige Verfügung des Bundesrichters, die maßgebliche Teile des präsidialen Erlasses unter dem Titel »Zum Schutz der Nation vor der Einreise ausländischer Terroristen in die Vereinigten Staaten« blockiert, bleibt weiter in Kraft. Wie der demokratische Oppositionsführer im Senat, Chuck Schumer, erklärte, sei »diese Gerichtsentscheidung ein Sieg für die Verfassung und für alle, die glauben, dass dieser unamerikanische Präsidentenerlass uns nicht sicherer macht«.

Mit Berufung auf Timothy Chou vom Hilfsverband »Northwest Immigrant Rights Project« berichteten US-Medien am Sonntag, die Zustände am Flughafen von Seattle seien wieder »ziemlich normal, so wie vor dem Erlass«. Das Außenministerium machte Visa-Aufhebungen für Menschen aus den betroffenen Ländern rückgängig; laut »Washington Post« waren binnen einer Woche über 100 000 Visa annulliert worden.

Auch das Washingtoner Heimatschutzministerium will Robarts Weisung mit der Rückkehr zu »standardisierten Richtlinien« bei der Überprüfung folgen. Der Richter hatte festgestellt, Einwohner Washingtons könnten durch den pauschalen Einreisestopp »irreparablen Schaden« erleiden, habe er doch Auswirkungen »im Beruf, bei der Ausbildung, in der Wirtschaft, im Familienbereich und bei der Reisefreiheit«. Auch bei Bürgerrechtsorganisationen, Kirchen und nicht zuletzt in der Wirtschaft, vor allem bei Computer- und Hightech-Firmen, stieß das Dekret auf scharfe Kritik. Erneut gingen am Wochenende Tausende auf die Straße. Noch ist der juristische Streit allerdings nicht entschieden. Denn das für den Staat Washington zuständige Bundesberufungsgericht in San Francisco befasst sich nun weiter mit Trumps Einspruch - das Verfahren könnte sich Wochen oder gar Monate hinziehen.

Erst einmal wurden die Kläger gegen Trumps Dekret aufgefordert, am Sonntag bis 23.59 Uhr (Ortszeit) weitere Argumente vorzulegen; das Justizministerium hat bis Montagnachmittag Zeit, seinen Einspruch tief gehender zu begründen. Da zudem weitere Verfahren in anderen Landesteilen anhängig sind, kann sich die Rechtslage durchaus schnell wieder ändern.

Wenig Beifall brachte Trump am Wochenende auch die erste Kommandoaktion, die er als Präsident autorisiert hatte. Der Einsatz gegen »Al Qaida auf der Arabischen Halbinsel« endete in Jemen mit zivilen Todesopfern und einem toten US-Soldaten. Und dann sollte auch noch ein angeblich beschlagnahmtes Terroristenvideo beweisen, welch sensible Informationen man dabei gesichert habe. Nur zeigte sich schnell, dass die Aufnahmen schon früher im Internet kursierten und Jahre alt sind.

Kein Wunder, dass die demoskopischen Werte Trumps schlecht sind. Laut CNN findet seine Amtsführung nur bei 44 Prozent der Befragten Zustimmung. Beim Sender CBS sind es sogar nur 40 Prozent. Derart negativ wurde ein US-Präsident zu diesem Zeitpunkt noch nie gesehen. Auch für seinen Einreisestopp bekommt der Rechtspopulist im Weißen Haus keine Mehrheit: 53 Prozent der Befragten sind gegen das Dekret.