nd-aktuell.de / 07.02.2017 / Politik

AfD wettert gegen Dresdner Aleppo-Kunstwerk

»Monument« eines syrischen Künstlers vor der Frauenkirche soll an Gedenken der Stadt an die Bombardierung im Zweiten Weltkrieg anknüpfen

Dresden. Auch angesichts heftiger Kritik und persönlicher Bedrohungen hat Dresdens Oberbürgermeister Dirk Hilbert die Errichtung eines Kunstwerks begrüßt, das an den syrischen Bürgerkrieg erinnert. Die Entscheidung zum Aufbau des »Monuments« vor der Frauenkirche im Rahmen des Gedenkens an die Bombardierung Dresdens im Zweiten Weltkrieg sei richtig und »wichtig für die Stadt« gewesen, sagte der FDP-Politiker am Montag bei der Vorstellung des Werkes. Zugleich warnte er erneut, das Gedenken an die Zerstörung Dresdens durch alliierte Bomber am 13. Februar für einen Opfer-Mythos zu missbrauchen.

Mit drei senkrecht aufragenden ausrangierten Linienbussen will der deutsch-syrische Künstler Manaf Halbouni an eine Barrikade in Aleppo erinnern. Hinter dieser brachten sich Bewohner in der vom Bürgerkrieg zerstörten Stadt vor Heckenschützen in Sicherheit. Die Busse wurden am Montag vor der im Krieg zerstörten und 2005 als Mahnmal zur Versöhnung wiedererrichteten Frauenkirche aufgebaut. Am Dienstag sollte das »Monument«, das zwei Monate auf dem Neumarkt stehen wird, offiziell übergeben werden.

Anhänger der Pegida und die AfD hatten der Stadt einen Missbrauch der Kunstfreiheit vorgeworfen. Pegida-Vize Siegfried Däbritz sprach bei einer Kundgebung am Montagabend von »plakativen Umerziehungsversuchen« einer »multikultikulturrevolutionären Garde« um Hilbert, der die Menschen in Aleppo wichtiger seien, »als unsere Kultur und die Opfer des 13. oder 14. oder 15. Februar 1945.« Er rief seine Anhänger dazu auf, am Dienstag zur Übergabe der Installation auf den Neumarkt zu gehen.

Im Internet war Hilbert bereits in den vergangenen Tagen massiv angegriffen worden - bis hin zu Mordaufrufen. Seine Wohnung wird seither von der Polizei geschützt. Hilbert nannte die Anfeindungen »erschreckend«. »Dass man Polizeischutz braucht, ist schon harter Tobak.«

Sich mit dem Leid der Zivilbevölkerung in gegenwärtigen Kriegen auseinanderzusetzen, stelle das Gedenken an die Opfer der Bombardierung Dresdens nicht in Abrede, sagte der Oberbürgermeister. »Ich dachte, wir sind in dem Prozess der Gestaltung des 13. Februar schon ein Stück weiter.«

Gerade in Zeiten des erstarkenden Populismus - »nicht nur in unserer Stadt, sondern in der gesamten westlichen Welt« - wolle Dresden am 13. Februar Akzente setzen. Dabei sei neben Demokratie auch der Frieden »ein ganz wichtiges Gut«, sagte Hilbert.

Er warnte erneut vor dem Mythos der Zerstörung einer »unschuldigen Stadt«. Nach der Machtergreifung der Nazis sei Dresden eine Stadt gewesen, »die sich sehr schnell dem Zeitgeist angeschlossen« habe. Es mache ihn nachdenklich, »wie schnell wir da mitbeteiligt waren und Vorreiter waren bei Bücherverbrennung, bei Judenvertreibung. Das sollte nie wieder von unserer Stadt (aus) passieren.«

Noch im April 1945 habe sein Urgroßvater den Versuch, Zivilisten zu retten, mit dem Leben bezahlt. Zusammen mit zwei weiteren Vertretern einer Gemeinde vor den Toren Dresdens habe er vor der anrückenden Roten Armee die weiße Fahne gehisst. »Die Gestapo hat ihn abgeholt und noch am selben Tag in Radeberg erschossen.«

Beim »Monument« handele es sich in erster Linie um Kunst, sagte Martina de Maizière, Vorstand der Stiftung Kunst und Musik für Dresden. »Es geht nicht darum, an Flüchtlinge zu denken in diesem Kontext. Sondern wenn, dann geht es darum, an das Leid der Zivilbevölkerung durch kriegerische Auseinandersetzungen zu denken.« Auch für Kulturbürgermeisterin Annekatrin Klepsch (LINKE) »gehört« das »Monument« auf den Neumarkt, »weil es eine Debatte auslöst, die der Stadt guttun kann«.

Für ihn sei es unglaublich gewesen, als er die Bilder der Busbarrikade von Aleppo im Internet gesehen habe, sagte Halbouni. Weil er sich vorgestellt habe, wie es wäre, wenn auch Menschen in Europa zu einem solchen Mittel greifen müssten, um ihr Leben zu schützen, habe er eine Collage angefertigt. Dann aber habe er sich gedacht: »Das ist eine Skulptur für sich. Die muss realisiert werden und darf nicht nur auf dem Papier bleiben.«

Die Heftigkeit der Reaktionen auf sein Kunstwerk habe ihn nach fast neun Jahren in Dresden nicht wirklich überrascht, sagte Halbouni. »Halbwegs hatte ich schon damit gerechnet. Ich hatte aber keine Vorstellung davon, wie diese Reaktion sein werden.« dpa/nd