nd-aktuell.de / 08.02.2017 / Kultur / Seite 15

Zombies just wanna have Fun

Die TV-Serie »Santa Clarita Diet«

Jan Freitag

Es gibt da dieses Sprichwort, das ein anderes umdreht, und dadurch den Zynismus dieser Welt auf hinreißende Art auf den Punkt bringt: Das Licht am Ende des Tunnels, heißt es darin im scharfen Kontrast zum ursprünglich intendierten Hoffnungsschimmer, entpuppt sich oft als herannahender Zug. So in etwa ließe sich die neue Netflix-Serie »Santa Clarita Diet« auf den Punkt bringen. Denn wann immer es in dieser Horrorgroteske gerade so richtig schlimm zugeht, darf sich das Publikum gewiss sein: Es wird gleich noch viel schlimmer.

Es beginnt - natürlich - ganz harmlos: Nach dem vergeblichen Versuch, frühmorgens nach dem Erwachen endlich mal wieder mehr mechanisch als leidenschaftlich die Ehe zu vollziehen, treffen sich zwei Immobilienmakler zum Verkaufsgespräch in einem schicken Einfamilienhaus. Sheila kotzt es sogleich mit absurdem Strahl voll, bevor ihr Mann Joel kurz darauf feststellt, dass seine Frau irgendein Organ mit erbrochen hat und deshalb zwar quicklebendig wirkt, aber keinen Puls hat. Kein Wunder: Sie ist tot, aber gleichwohl am Leben. Man nennt das Zombie.

Als solcher wandelt sie fortan durchs kalifornische Vorstädtchen Santa Clarita und gerät dabei von einem Schlamassel in den nächsten. Statt rohen Hacks, das sie anfangs in sich rein schaufelt, gelüstet es die zuckersüße Mutter einer eher bittersüßen Tochter bald nach Menschenfleisch. Zombies, das ist nicht erst seit »The Walking Dead« ein absolutes Boom-Genre des Serienfernsehens; Regisseur Ruben Fleischer allerdings macht daraus wie schon in seinem Kinofilm »Zombieland« einen Komödienstadl des blutrünstigen Geschmacks. Denn als Sheila eher versehentlich den übergriffigen Nachbarn verspeist hat, beginnt sie, die Nahrungssuche gemeinsam mit Gatte und Kind möglichst ethisch zu strukturieren.

All dies nimmt bereits in Folge 1 so bizarr Fahrt auf, dass man hier als Zuschauer fast verstörter ist als bei humorlosen Zombie-Gemetzeln wie »Z-Nation«. Besonders der leicht widersprüchlich, zwischen kindlich und bieder, gealterte »E.T.«-Star Drew Barrymore überspielt ihre Rolle als Untote voller Lebenskraft mit einer verschrobenen Selbstverständlichkeit, die nur noch von Timothy Olyphant (»Justify«) überboten wird, dessen Noel ebenso wie die pubertierende Abby (Liv Hewson) alle Veränderungen an Sheila mit drolligem Gleichmut erduldet.

Als Zuschauer ist man daher oft so überfordert von der Eskalation eines vermeintlich geordneten Vorstadtlebens, dass man sich schon zu Beginn des Zehnteilers manchmal etwas Besonnenheit wünscht. Aber hey - es ist eine Zombiekomödie. Also bitte: volles Rohr! Und das ist mitunter brüllend komisch. Wenn Sheila und Noel im Leichenkeller der benachbarten Klinik um einen toten Körper bitten, der Pathologe entspannt »wollen Sie ihn ficken?« fragt und Joel ebenso cool »ja, wir wollen ihn ficken« antwortet, ergänzt um »die ganze Nacht« von Sheila, dann ist das in seiner Lakonie allem Ekel zum Trotz (am Ende gibt es aus finanziellen Gründen nur einen Fuß, den sie roh im Auto verspeist) schon sehr lustig.

Dennoch bleibt abzuwarten, ob sich das Thema nach ein paar Fällen makabrer Menschen-Filettierung nicht doch leicht abnutzt. Wahrscheinlicher jedoch erscheint es nach den ersten drei, dass Barrymores angenehm beiläufige Verkörperung einer Toten voller Energie dank der putzigen Dialogregie bis zum Ende gut unterhält. Ein echtes Happy End ist schließlich ausgeschlossen, das Licht am Ende des Tunnels ist ja längst da, dicht gefolgt vom nächsten.