nd-aktuell.de / 10.02.2017 / Brandenburg / Seite 12

Ein Drittel der Drittklässler schwach im Rechnen

Nach Berlin bleiben auch viele Brandenburger Schüler in den Vergleichsarbeiten hinter den Anforderungen zurück

Fast ein Drittel der Grundschüler in Brandenburg braucht Nachhilfe beim Rechnen: 30 Prozent der Drittklässler haben hier im Vergleichstest »Vera 3« vergangenes Schuljahr die Mindestanforderungen nicht erreicht. »Dieses Ergebnis ist wenig erfreulich«, sagt Anke Greve, Referentin im Bildungsministerium, am Donnerstag bei der Vorstellung der Studie des Instituts für Schulqualität Berlin-Brandenburg (ISQ). Beim Lesen im Fach Deutsch erreichten immerhin 82 Prozent der Schüler den Mindeststandard oder übertrafen ihn.

Die alljährliche Studie soll den Lehrern Hinweise geben, wie sie ihre Schüler gezielter fördern können. Bei den Vergleichsarbeiten werden Standards abgefragt, die die Schüler erst zum Ende der 4. Klasse erreicht haben sollen. Bis dahin sollen die Tests zeigen, wo Entwicklungsbedarfe sind. »Wir wollen erreichen, dass die Ergebnisse an den Schulen intensiv beraten werden«, sagt Bildungsstaatssekretär Thomas Drescher (parteilos, für SPD). »Die Lehrer können anhand der Arbeiten genau erkennen, welche Schüler auf welchen Feldern etwa mit anderen Hausaufgaben gezielt gefördert werden müssen.«

Auch die Hochbegabten könnten besser gefördert werden, so Drescher. Beim Rechnen hatte fast jeder vierte Brandenburger Schüler das Klassenziel der Jahrgangsstufe 4 bereits erreicht oder übertroffen. Beim Lesen lag mehr als jedes zweite Kind über dem Durchschnitt.

Die Berliner Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) hatte die Zahlen nicht selbst vorgestellt, das ISQ hatte die Daten am Mittwoch schlicht online veröffentlicht. Beim Rechnen scheiterten hier 37 Prozent der Schüler, bei Kindern, die eine andere Muttersprache sprechen, waren es sogar 48 Prozent. Beim Lesen erreichten nur 72 Prozent den Mindeststandard. Am besten konnten die Berliner Schüler zuhören: 76 Prozent erfüllten die Erwartungen.

Scheeres sagte auf Nachfrage, es sei an den Lehrern, Konsequenzen zu ziehen: »Vera bedeutet Anstrengungsbereitschaft von Schulleitungen und Lehrkräften, sich mit den Ergebnissen auseinanderzusetzen und daraus Schlüsse für ihren Unterricht zu ziehen.« Genau daran war es jedoch in der Vergangenheit immer wieder gescheitert: oft waren die Ergebnisse einfach in der Schublade verschwunden.

Die Reaktionen fielen harsch aus. Der Berliner Bildungspolitiker Joschka Langenbrinck (SPD) sagte, es sei ein »trauriges Ritual, schlechte Ergebnisse zu beklagen, sich aber nichts verbessert«. Die Politik müsse dafür sorgen, dass alle Kinder die Standards schaffen. Paul Fresdorf, Bildungsexperte der FDP im Abgeordnetenhaus, sagte: »Es gibt keinen Anlass, auch nur in Ansätzen mit dem Abschneiden der Berliner Schülerinnen und Schüler zufrieden zu sein. Wir sind dabei, eine gesamte Generation zu verlieren.« Bereits vor der Veröffentlichung sagte seine Kollegin Katrin Schultze-Berndt: »Mit den Vergleichsarbeiten in Klasse 3 wird uns alle Jahre wieder vor Augen geführt, wie wenig in Berlin im Vergleich zu anderen Bundesländern die Sprachvermittlung gelingt.«

Ein Vergleich mit anderen Bundesländern ist jedoch nicht möglich, da außer Berlin und Brandenburg kein Bundesland die Ergebnisse veröffentlicht. Medien hatten spekuliert, dass Scheeres dies auch für Berlin durchsetzen wolle. Das hatte sie dementiert. Auch der Vergleich zum Vorjahr ist nur bedingt möglich, da jeweils andere Bereiche getestet werden. Die rot-rot-grüne Koalition will den Test auf die vierte Klasse verlegen, »um eine bessere Passung zu den erwarteten Bildungsstandards zu schaffen«. Das war bereits bis 2007 der Fall.