nd-aktuell.de / 11.02.2017 / Politik

»Ganz Münster hasst die AfD«

8000 Stadteinwohner demonstrierten gegen Rechtsaußen-Neujahrsauftakt mit Petry und Pretzell im Rathaus

Sebastian Weiermann

Der Neujahrsempfang der AfD in Münster hätte unter normalen Umständen wohl nicht viel Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Seit den Kommunalwahlen im Mai 2014 sitzt die Partei in der westfälischen Stadt im Stadtrat. Um Aufmerksamkeit für den Empfang zu erzielen, lud der Kreisverband jedoch Frauke Petry und Marcus Pretzell als Hauptredner in das historische Rathaus der Stadt ein.

Medienvertreter erwarteten dort erst einmal Komplikationen. Auf den Platz vor dem Rathaus wurden sie erst kurz vor Beginn der Veranstaltung gelassen. Im Rathaus folgten penible Körperkontrollen und detaillierte Überprüfungen der Personalien. Wofür dies alles geschah, blieb unklar.

Als Frauke Petry und ihr frisch gebackener Ehemann Pretzell, der Sprecher der NRW-AfD, endlich auftraten, verbaten sie sich Interviewanfragen von zahlreichen Journalisten. In drei Runden antworteten sie, wohl meist nichtssagend, auf die Fragen von ausgewählten Pressevertretern. Anschließend gab es Fotos und kurze Gespräche mit den lokalen AfD-Mitgliedern.

Die Reden von Petry und Pretzell lassen sich kurz zusammenfassen. Petry äußerte, dass der 30-jährige Krieg, dessen Frieden in Münster geschlossen wurde, die Urkatastrophe der deutschen Geschichte gewesen sei. Pretzell beschwor derweil ein historisches Bündnis aus Zionisten und Deutschnationalen. Wenn dies funktioniert hätte, dann läge der Fokus in der deutschen Geschichte heute nicht auf den zwölf Jahren zwischen 1933 und 1945 – so seine Agumentation. Pretzells Zielsetzung ist eindeutig, er will die zahlreichen Antisemiten in der AfD provozieren.

Munterer als im Festsaal des Rathauses ging es auf den Straßen davor zu. Verschiedene Anti-Nazi-Bündnisse hatten zum Protest gegen die AfD aufgerufen. Insgesamt kamen über 8000 Menschen in die Münsteraner Innenstadt und versperrten die Straßen rund um das Rathaus. »Ganz Münster hasst die AfD«, skandierte die Menge. Jeder Gast der rechtspopulistischen Partei wurde mit lauten Pfiffen und antirassistischen Parolen begrüßt – und verabschiedet. Auch syrische Geflüchtete kamen bei den Protesten zu Wort.

Die Antifaschistische Linke Münster zeigte sich mit dem Protest sehr zufrieden. »Das war sicherlich einer der größten Proteste gegen die AfD. Bis tief ins bürgerliche Spektrum hinein erfuhr die AfD heute große Ablehnung. Der Eingang des Rathauses wurde von Tausenden dichtgemacht, am Hintereingang gab es kleinere Blockadeversuche. Wir freuen uns über den Erfolg des von uns mitgegründeten 'Keinen Meter'-Bündnisses«, teilte die Gruppe auf »nd«-Anfrage mit.

Zusätzlich zu den aktivistischen Protesten hatten Kaufleute ihre Hausfassaden mit Europa-Flaggen behangen und am Abend ihre Beleuchtung ausgestellt. Sie wollten damit ein Zeichen für eine »friedliche und weltoffene« Stadt setzen. Die Polizei Münster zeigte sich zufrieden mit dem Verlauf des Abends. Bis auf einen 17-jährigen, der mit selbst gebauten Silvesterraketen hantierte, habe es keine Zwischenfälle gegeben. Der Protest gegen die AfD sei »lautstark und friedlich« verlaufen.