nd-aktuell.de / 18.02.2017 / Politik

Sicherheitskonferenz trieb 4000 Menschen auf die Straße

Protest gegen Treffen von Sicherheitspolitikern, Militärs und Rüstungsindustriellen in München

Gisela Dürselen, München

Die Münchner-Sicherheitskonferenz (Siko) hat an diesem Samstag etwa 4000 Menschen auf die Straße getrieben. Mit einer Demonstration, einer Protestkette in der Fußgängerzone und einem bunten Abschlussfest am Marienplatz taten sie kund, dass sie das Treiben der Mächtigen nicht länger hinnehmen wollen.

Laut dem Aktionsbündnis aus 80 Organisationen geht es bei der Siko weder um friedliche Lösungen noch um Sicherheit für die Menschen, sondern um Profitinteressen und Macht. Deshalb lautete die gemeinsame Absichtserklärung in den Reden: Die Pläne der Mächtigen aufdecken, eine eigene Version von menschlicher Sicherheit darlegen, und - sich dabei nicht auseinander dividieren lassen.

Damit richtete sich die Kritik nicht nur gegen das Treffen im Bayerischen Hof, sondern generell gegen das herrschende Wirtschafts- und Gesellschaftssystem. Als Redner des Aktionsbündnisses setzte Walter Listl der militärischen Sicherheit eine Alternative entgegen: »ein kollektives Sicherheitssystem, das allen Ländern Abrüstung erlaubt. Eine atomwaffenfreie Welt. Eine Gesellschaft, in der alle Menschen in Würde und ohne Angst leben können«.

Die Rednerinnen und Redner kritisierten explizit die »Kriegs- und Aufrüstungspolitik der Bundesregierung«, die mit Waffenexporten prächtig verdiene, despotische Regimes unterstütze und mit Wirtschaftspolitik ganze Regionen destabilisiere. Dabei verwies die Bundestagsabgeordnete Sevim Dadgelen (LINKE) auf die »Kumpanei zwischen Merkel und Ergodan« und erzählte von Freunden, die aktuell in der Türkei verhaftet worden seien.

Einer solchen Regierung seien die US-amerikanischen Forderungen nach Aufrüstung nur ein willkommener Vorwand für Pläne, die sowieso schon existiert hätten, sagte Listl. In diesem Zusammenhang sprach der Theologe Eugen Drewermann vom neuen Feindbild Russland, das an ein altes Feindbild anknüpfe, jedoch keinen Bezug zur Realität habe – was beispielsweise an den Rüstungsausgaben von NATO und Russland erkenntlich werde.

Geflüchtete Menschen waren bei den Protestaktionen ausdrücklich willkommen, denn laut Listl sind sie Mitkämpfer für eine friedliche und gerechte Welt ohne Ausbeutung von Menschen und Natur: Nicht Flüchtende und Geflüchtete seien das Problem, sondern die »Fluchtverursacher«. So stand auf dem Podium als Vertreterin von »Refugee Struggle for Freedom« Narges Nasimi, die an die über 5000 Menschen erinnerte, die 2016 nur tot aus dem Mittelmeer geborgen wurden.

Wer überlebt, werde womöglich später in den Tod abgeschoben, sagte Nasimi und verwies auf die Scheinheiligkeit europäischer Politik: Die Länder der Balkanroute hätten längst ihre Zäune gebaut, in Calais gebe es eine Mauer, und seit 2016 auch in Neuperlach, wo sich Anwohner von Geflüchteten belästigt fühlten: »Europa hat schon längst die Mauer von Trump«, sagte Nasimi, die sich selbst als »Non-Citizen«, als eine Ausgeschlossene und Entrechtete bezeichnet.

Derzeit seien weltweit rechte Parteien und Bewegungen auf dem Vormarsch, und Staaten wie Deutschland drängten Geflüchtete in die Isolation und teilten die Menschen auseinander. Das sei Rassismus, so Nasimi.

Die Demonstrierenden umzingelten den Siko-Tagungsort im Bayerischen Hof und legten Passanten mit allerlei fantasievollen Aktionen ihre Anliegen und Argumente dar. Der DFG-VK brachte eine Friedenserklärung unter die Leute, zu der bundesweit Unterschriften gesammelt und 2018, zum 100. Jahrestag des Ersten Weltkriegs, in Berlin ausgestellt werden. Ein blumengeschmückter Panzer fuhr durch die Fußgängerzone, und eine Buchstabenkette aus Menschen trug die Aufschrift »Schaffen ohne Waffen«.

Das Podium zur Auftaktveranstaltung am Karlsplatz / Stachus war ein Feuerwehrauto, um »die Kriegsbrandstifter in die Schranken zu weisen«, und auf manchen Transparenten waren auch Zitate berühmter Personen wie Albert Einstein zu lesen, der einmal sagte: » Wir müssen unser Leben dem Austrocknen der Kriegsquellen widmen: den Rüstungsfabriken.«