nd-aktuell.de / 22.02.2017 / Politik / Seite 5

Sparen an Hartz-IV-Betroffenen

Seit 2005 steht jeder zehnte Arbeitslose auf der Straße / Ausgaben des Bundes für ALG II sanken um sechs Milliarden Euro

Roland Bunzenthal

In den letzten zehn Jahren hat der Bund kräftig an den Hartz-IV-Arbeitslosen gespart. So sanken die Ausgaben des Bundes für Hartz IV seit 2007 von gut 40 Milliarden Euro auf noch 34 Milliarden 2015. Darin spiegelt sich einerseits der Rückgang der konjunkturell bedingten Erwerbslosenzahl in diesem Zeitraum. Andererseits verfestigte sich der harte Kern der Langzeitarbeitslosigkeit als Folge der Sparpolitik der Jobcenter. Die Zahl der Erwerbslosen, die schon länger als ein Jahr vergeblich einen Job suchen, blieb bei gut einer Million Frauen und Männer, wodurch der Anteil an allen Erwerbslosen auf über ein Drittel stieg. Jeder zehnte Arbeitslose steht schon seit Beginn der Hartz-IV-Reform 2005 auf der Straße. Diese Betroffenen ließen sich nach Ansicht der Gewerkschaften allenfalls durch eine personalintensive persönliche Betreuung in den Jobvermittlungen noch unterbringen. Doch dafür fehlt den Jobcentern das Geld. Die schwächere Finanzausstattung führt dazu, dass Hartz-IV-Arbeitslose länger ohne neuen Job bleiben.

Die durchschnittliche Verweildauer im Hartz-System liegt bei 48 Wochen. Im Versicherungssystem der Arbeitslosengeld-Empfänger sind es dagegen nur 36 Wochen. Ein Grund ist die Tatsache, dass in beiden Systemen trotz der unterschiedlich großen Erwerbslosenzahl jeweils gleichermaßen rund vier Milliarden Euro für aktive Arbeitsmarktpolitik zur Verfügung stehen. Das heißt, dass pro Hartz-IV-Empfänger halb so viel Geld für eine Qualifizierung ausgegeben wird wie bei einem Arbeitslosengeld-Empfänger. Den stärksten finanziellen Einschnitt gab es im Jahr 2011. Damals strich die Bundesregierung die bisher gezahlten Rentenbeiträge für die Hartz-IV-Betroffenen und sparte dadurch rund fünf Milliarden Euro ein. Die Auswirkungen dieser Maßnahme zeigen sich heute: Sie sorgt für eine deutliche Zunahme der Altersarmut bei langjährigen Arbeitslosen.

Markante Unterschiede hinsichtlich des Risikos arbeitslos zu werden hat die Bundesagentur jetzt untersucht: Jüngere Arbeitnehmer von 15 bis unter 25 Jahren tragen das größte Risiko, arbeitslos zu werden. Hier zeigen sich vor allem Probleme beim Übergang von der Ausbildung in die erste Anstellung (so genannte zweite Schwelle) sowie der vergleichsweise hohe Anteil an befristeten Arbeitsverträgen. Gleichzeitig haben Jüngere die größten Chancen, ihre Arbeitslosigkeit zu beenden. Bei älteren Arbeitnehmern ab 55 Jahren ist es umgekehrt: Sie werden relativ seltener entlassen. Sind sie aber erst einmal arbeitslos, kommen sie nur selten wieder in Beschäftigung.