nd-aktuell.de / 28.02.2017 / Sport / Seite 19

»Ich bin im Eis eingebrochen«

Nico Ihle hätte erstmals Weltmeister werden können, doch wie schon so oft patzte er im entscheidenden Augenblick

Frank Thomas, Calgary

Nico Ihle stand der Ärger ins Gesicht geschrieben. Immer wieder schüttelte er den Kopf. »Es ist wie verflixt. Das ist so bitter«, sagte er fassungslos. Ein gravierender Patzer im 500-Meter-Rennen hat dem Chemnitzer in Calgary vermutlich den Premierentitel bei Sprintweltmeisterschaften der Eisschnellläufer gekostet. »Ich bin in der Innenkurve im Eis regelrecht eingebrochen, habe rumgerudert und hatte Mühe, auf den Beinen zu bleiben«, schilderte der 31-Jährige die entscheidende Situation.

Nach mäßigen 35,03 Sekunden fiel er im Vierkampf auf Platz acht zurück, mit dem er trotz seines deutschen Rekordes von 136,855 Punkten nicht anfreunden konnte. »Das ist nicht mein Anspruch. Ich wollte eine Medaille. Unbedingt. Vielleicht habe ich diesmal zu viel gewollt«, konstatierte er betroffen.

So glänzend waren seine Chancen nach dem ersten Tag, als ihn auf Platz zwei liegend nur elf Hundertstel von der Spitze trennten. »Als ich dann sah, wie sich Kai Verbij über 1000 Meter einen Schnitzer leistete, ist mir erst richtig klar geworden, wie groß meine Chance war«, bedauerte Ihle. Der Niederländer verbesserte am Sonntag schließlich den 14 Jahre alten Weltrekord des Kanadiers Jeremy Wotherspoon um 1,2 Zähler auf 136,065 Punkte und holte sich nach dem EM- auch das WM-Gold.

Wäre Ihle nur annähernd in den Bereich seiner deutschen Rekorde vom Vortag (34,37 über 500 und 1:17,16 über 1000 Meter) gekommen, wäre ihm der zweite Titel eines Deutschen - 46 Jahre nach Erhard Keller - nicht zu nehmen gewesen. So aber musste er sich mit dem Gewinn von WM-Silber über 500 Meter zwei Wochen zuvor in Gangneung trösten. »Diese Medaille kann mir keiner nehmen. Entscheidend ist jetzt Olympia in einem Jahr. Meine Ausgangsposition ist jedenfalls besser als je zuvor«, sagte Ihle.

Nicht zum ersten Mal vergab er so eine große Chance. Vor zwei Jahren lag er in Astana auf Medaillenkurs, als ihn ein umstrittener Fehlstart aus der Spur brachte. 2016 hatte er in Seoul als Vierter das Podest knapp verpasst.

Offenbar hatten seine Nerven dem Druck auch diesmal nicht standgehalten. »Schade für Nico, nach dem Fehler über 500 Meter ist er die 1000 Meter zu verkrampft angegangen. Dadurch kam keine Knallerzeit zustande. Es bleibt eine Enttäuschung«, erklärte Bundestrainer Danny Leger, während sich Ihles Heimtrainer Klaus Ebert zu Hause über die verpasste Chance ärgerte. dpa/nd