nd-aktuell.de / 02.03.2017 / Politik / Seite 5

Trump mit neuem Ton und alten Botschaften

Erste Rede des US-Präsidenten vor beiden Häusern des Parlaments - Kritiker bemängeln fehlende Substanz

Olaf Standke

Auch Jackson Janes fand, dass es Donald Trump doch »einigermaßen« gelungen sei, an diesem Dienstagabend im Kongress wie ein Präsident aufzutreten, so ganz ohne seine sonst üblichen sarkastischen Bemerkungen. Und der Präsident des Institute for Contemporary German Studies an der Johns Hopkins Universität hatte auch eine Erklärung dafür: »Er hat tatsächlich seine Rede abgelesen.« Journalisten vom Fernsehsender MSNBC wiederum meinten, einem anderen Geheimnis für den nach Trumpschen Maßstäben gemäßigten Tonfall auf die Spur gekommen zu sein: Sie filmten den Präsidenten während der Anfahrt in der Limousine, wie er in einem unbeobachtet geglaubten Moment offensichtlich Teile seiner Ansprache probte und probte. Wie auch immer: Fast einhellig merkten die Kommentatoren in den USA nach dem ersten Auftritt auf dem Washingtoner Kapitol an, dass sich der Rechtspopulist viel versöhnlicher präsentiert habe als etwa bei seiner düsteren, spalterischen Antrittsrede. Er verurteilte die Welle von antisemitischen Angriffen im ganzen Land wie den Mord an einem indischen Programmierer, er unterließ scharfe Attacken gegen die Medien und er forderte alle politischen Lager zur Zusammenarbeit auf.

So mancher im Saal blieb skeptisch, viele weibliche Abgeordnete der Demokratischen Partei hatten sich aus Protest gegen Trumps Sexismus ganz in Weiß gewandet, in Erinnerung an die Suffragetten, die einst das Frauenwahlrecht erkämpften. Und man musste nicht Oppositionssprecher sein, um nach der Rede festzustellen: Konkretere politische Inhalte und Zahlen blieb Trump auch 40 Tage nach Amtsantritt weiter schuldig. Er bekräftigte seine hochgesteckten, oft radikalen Ziele (»Großartig wie niemals zuvor«), ließ aber weitgehend offen, auf welchem Wege er sie zu erreichen gedenkt. Oder es gibt Vorschläge, die nur für Kopfschütteln sorgen.

Mehr Geld für Infrastruktur und Militär - das etwa war ein zentraler Punkt in der einstündigen Rede des Immobilienmilliardärs. So wolle er den Kongress um eine Billion Dollar für neue Bauprojekte bitten, wobei das Prinzip gelten soll: »Amerikanisch kaufen, amerikanisch anstellen.« Das schaffe Millionen Arbeitsplätze. Zur Finanzierung jedoch war nur zu hören, dass man diese gewaltige Summe durch öffentliches und privates Kapital finanzieren werde. Zur Erinnerung: Der Schuldenberg der USA hat inzwischen 20 Billionen Dollar erreicht. Zudem rief Trump dazu auf, die US-Soldaten mit »Werkzeugen« auszustatten, »die sie brauchen, um einen Krieg zu verhindern - oder, wenn sie das müssen, zu kämpfen und zu gewinnen.« Um die schon vor seinem Auftritt bekannt gewordenen höheren Ausgaben für das Pentagon zu ermöglichen - US-Medien berichteten über eine geplante Aufstockung um rund 54 Milliarden Dollar, also fast zehn Prozent - könne man doch 37 Prozent beim Budget für Diplomaten und Berater des Außenministeriums kürzen, ließ das Weiße Haus lancieren. Der Protest kam prompt, selbst aus den Reihen der Republikaner.

Abgesehen vom erneuten prinzipiellen Bekenntnis zu den NATO-Partnern, die endlich mehr Geld strömen lassen würden, und von der Bekräftigung seines Plans, eine neue Importsteuer einzurichten, während Exporte freigestellt werden sollen, machte Trump um heikle außenpolitische Themen wie die Beziehungen zu Russland und China einen Bogen. Wie muslimische Terroristen gemeinsam mit arabischen Partnern weltweit bekämpft werden sollen, blieb ebenfalls weitgehend vage. Bis auf einen Punkt: Sein heftig kritisiertes Einreiseverbot diene der nationalen Sicherheit. Indem man endlich die Immigrationsgesetze umsetze, mache man aber nicht nur »unsere Gesellschaft für jeden sicherer«; so würden auch Milliarden Dollar gespart, die Einkommen erhöht und den Arbeitslosen geholfen. Die »tolle, tolle Mauer« zu Mexiko kommt; und wer ins Land wolle, müsse selbst für seinen Unterhalt sorgen können.

Trump kündigte erneut neue Einwanderungsregeln an, Kanada könnte da Vorbild sein, und betonte daneben seine Vorhaben, Barack Obamas Gesundheitssystem zu reformieren und eine historische Steuerreform einzuleiten - ohne hier wie da Details zu verraten. Nur eines ist sicher: Trotz eines gemäßigteren Tons gilt für Donald Trump weiter: »Amerika zuerst!«