nd-aktuell.de / 03.03.2017 / Wirtschaft und Umwelt / Seite 17

Inflation ist zurück im Ziel

Die anziehenden Preise setzen die Europäische Zentralbank unter Druck

Simon Poelchau

Die lockere Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) hat in Deutschland reichlich Feinde. Diese haben in den vergangenen beiden Tagen gute Argumente für ihre Forderungen nach höheren Zinsen bekommen. Denn nicht nur in Deutschland stiegen die Preise im Februar wieder kräftig an. In der gesamten Eurozone betrug die Teuerungsrate im Vergleich zum Vorjahresmonat im vergangenen Monat glatte zwei Prozent, wie die Europäische Statistikbehörde Eurostat am Donnerstag mitteilte. Bereits einen Tag zuvor hatte das Statistische Bundesamt (Destatis) eine Inflationsrate von 2,2 Prozent für die Bundesrepublik im Februar veröffentlicht.

Damit zog die Teuerungsrate sowohl hierzulande als auch in der gesamten Währungsunion weiter an, betrug sie doch im Januar 1,9 beziehungsweise 1,8 Prozent. In beiden Monaten waren vor allem die wieder ansteigenden Energiepreise verantwortlich für die Teuerung. So kosteten Strom, Benzin und Co. im Februar 9,2 Prozent als ein Jahr zuvor. Auch die Gemüsepreise waren auf Grund des Kälteeinbruchs in Südeuropa und den damit verbundenen Ernteausfällen mit 5,2 Prozent ungewöhnlich stark gestiegen. Rechnet man diese beiden Warengruppen heraus, so betrug die Inflation im Februar lediglich 0,9 Prozent.

Für EZB-Chef Mario Draghi sind die wieder schneller steigenden Preise ein Problem. Schließlich ist ihm und seinen Zentralbankern auf Grund ihres Mandates untersagt, aktiv Konjunkturpolitik zu betreiben. Europas obersten Währungshütern ist lediglich erlaubt, in den Wirtschaftskreislauf einzugreifen, wenn die Preisstabilität in Gefahr ist. Als Ziel ist dabei eine Inflationsrate knapp unter zwei Prozent angepeilt, das bis diesen Winter in den vergangenen Monaten mit Raten von teilweise um die Nullprozent weit unterschritten wurde.

Zuletzt hatte die EZB im Dezember ihr Anleihenkaufprogramm verlängert, das sie seit März 2015 betreibt. In diesem Rahmen kauft die Notenbank seit einem Jahr monatlich Wertpapiere in der Höhe von 80 Milliarden Euro. Ab April werden diese Käufe wieder wie anfangs 60 Milliarden Euro pro Monat betragen. Bis Ende dieses Jahres soll das Programm noch dauern.

Hierzulande werden nun Forderungen nach einem schnelleren Zudrehen des Geldhahns laut. Der EZB solle zu denken geben, dass die im Januar um acht Prozent gestiegenen Energiepreise auf die anderen Preise durchschlagen würden, teilte das wirtschaftsnahe Institut der deutschen Wirtschaft (IW) mit. »Sie sollte deshalb schon heute gegensteuern und die Zinsen behutsam anheben - bevor die anziehende Inflation große Zinsschritte erfordert.« Auch Bayerns Finanzminister Markus Söder forderte Angesichts der gestiegenen Inflationsrate eine »Abkehr von der ultralockeren Geldpolitik der EZB«. Das Sparvermögen betrage in Deutschland mehr als fünf Billionen Euro, sagte der CSU-Politiker der »Frankfurter Allgemeinen Zeitung« vom Donnerstag. Angesichts der Nullzinspolitik der EZB bedeuteten zwei Prozent Inflation, »dass die Sparer allein in diesem Jahr 100 Milliarden Euro verlieren«.

Für Axel Troost ist dies ein Trugschluss. »Auch wenn die EZB bald eine Abkehr von ihrer bisherigen Geldpolitik beschließt, werden die Zinsen erstmal niedrig bleiben«, ist sich der Ökonom und Vizevorsitzende der LINKEN sicher. Der Grund: Es gibt derzeit ein Überangebot von Kapital, das nach Anlagemöglichkeiten sucht. »Es wird deshalb noch lange dauern, bis die Sparer wieder Zinsen in Höhe von ein bis zwei Prozent auf ihre Einlagen bekommen«, so Troost.

Zudem darf die EZB nicht nur die deutschen Sparer im Blick haben. Sie muss in der gesamten Eurozone für Stabilität sorgen. Und dort gibt es Länder, die eine lockere Geldpolitik brauchen, weil die Politik spart, anstatt eine investitionsfreundliche expansive Fiskalpolitik zu betreiben. Allerdings ziehen die Preise auch in Krisenländern wie Spanien und Portugal wieder an. »Insofern wird man wohl auch in der EZB überlegen, sich langsam von der ultralockeren Geldpolitik zu verabschieden«, gibt auch Troost letztlich zu bedenken.